Schule für Gangster?

Bayern für „Recht auf störungsfreien Unterricht“

BERLIN taz ■ Als Edmund Stoiber sein neues Schulkonzept vorstellte, war klar, was passieren würde: Alle Lehrerverbände und die Opposition würden schäumen – aber umgesetzt würde es doch. Mehrheit ist Mehrheit. Bei den letzte Woche angekündigten Maßnahmen gegen krakeelende Hauptschüler ist jedoch offen, was herauskommen wird. Eine Gangsterschule? Eine pädagogische Teilanstalt im Knast?

Der Ministerpräsident sagte im Landtag, er wolle künftig ein „Recht auf störungsfreien Unterricht“ gewährleisten. „Dazu gehört die Möglichkeit, Schüler aller Jahrgangsstufen an Hauptschulen vom Unterricht auszuschließen.“ Für hartnäckige Störer schwebt Stoiber gar der Rauswurf vor: die frühzeitige Beendigung der Schulpflicht.

Die Experten sind entsetzt. „Das wäre eine Bankrotterklärung nicht nur der Schule, sondern auch der Gesellschaft“, sagte Christian Lüders der taz. „Denn wir würden mit dem Ende der Schulpflicht ja auch beschließen, den Jugendlichen alle Chancen vorzuenthalten – Zeugnisse, Ausbildungen, Arbeit.“ Lüders leitet die Abteilung Jugendhilfe beim Deutschen Jugendinstitut in München.

Auch im Münchner Schulministerium ist nicht klar, wie es nun weitergeht. „Wir wollen die Störer wochenweise aus der Schule herausnehmen und zur Therapierung an eine Clearingstelle überweisen“, sagt die Sprecherin von Monika Hohlmeier, Bayerns Schulministerin. Bislang gibt es aber nur eine einzige solche Stelle im unterfränkischen Würzburg. Zudem haben die Stellen, die Schule, Jugendhilfe, Justiz bei verhaltensauffälligen Schülern an einen Tisch bringen sollen, gar keine Therapieaufgaben; sie sollen zunächst herausfinden, was die betreffenden Schüler an der Schule stört.

Anstalten für delinquente Schüler gibt es schon: Die „Schulen für Erziehungshilfe“. 28 sind es in Bayern, 2.000 Schüler mit „besonderem Erziehungsbedarf“ – Hyperintelligente, Kleinkriminelle, Schulverweigerer – finden sich dort. Stoibers Problem: Die Schulen sind privat.

CHRISTIAN FÜLLER