Tramnetz wird fortgeknüpft

Die Planungen für den Ausbau des Straßenbahnnetzes haben einen neuen Freund. Finanzsenator Thilo Sarrazin plant Millioneninvestitionen in der Bernauer Straße und am Alexanderplatz

von FABIAN GRABOWSKY

Die Weichen für den Ausbau des Straßenbahnnetzes scheinen gestellt: Sowohl die Verbindung Eberswalder Straße Richtung Lehrter Bahnhof als auch vom Alexanderplatz Richtung Potsdamer Platz könnte in den nächsten Jahren Gestalt annehmen: Entsprechende Mittel sind im Etat von Finanzsentor Thilo Sarrazin (SPD) bereits eingeplant, bestätigte Finanzverwaltungssprecher Claus Guggenberger.

Demnach wächst der Haushaltsposten für die Verlängerung der Tramlinie 20 vorerst bis zum Nordbahnhof von 0,5 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 4,4 Millionen Euro in diesem Jahr. Der vergleichsweise einfach zu realisierende Streckenbau ist seit langem geplant. Bis vor kurzem schien es noch, als sei er endgültig auf das Abstellgleis geschoben worden. Dennoch wird der Anschluss des künftigen Hauptbahnhofs wohl nicht vor dessen Fertigstellung im Jahr 2006 realisiert werden.

Auch auf dem Alexanderplatz dürfte derweil weiter gebaut werden: Nach Investitionen von 1,5 Millionen Euro sind für 2003 satte 9,5 Millionen Euro für eine zweite Trasse („Alex II“) bis zum Roten Rathaus vorgesehen. Für den ebenfalls geplanten Weiterbau über Leipziger Straße bis Potsdamer Platz sind zwar noch keine Mittel eingeplant. Nach Einschätzung von Experten wäre diese aber vor einer Beendigung von „Alex II“ nicht sinnvoll. Auch dürfte die Fertigstellung wegen baulicher Komplikationen und Anwohnerprotesten noch unbestimmte Zeit in Anspruch nehmen – eventuell bis 2008. „Man kann sich da nicht auf zwei Jahre festlegen“, so SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler.

Petra Roland, Sprecherin von Verkehrssenator Peter Strieder (SPD), wollte solche Posten „weder bestätigen noch verneinen“. Der Bau dieser Verbindungen hinge vom Ergebnis einer Senatsvorlage ab, die man momentan in ihrem Haus erarbeite. Prinzipiell stünden sämtliche Baumaßnahmen im öffentlichen Personennahverkehr „auf dem Prüfstand“. Dabei habe es in den letzten Jahren einen „Mentalitätswechsel“ gegeben: „Wir müssen sehen, welche Maßnahmen heute anders als vor fünf Jahren noch notwendig sind“, so Roland.

Der größte Posten bei der Straßenbahnplanung hat jedoch die Instandsetzung bestehender Linien. Allein in diesem Jahr sind das 13,6 Millionen Euro. Eine Prioritätensetzung, die auch Christian Gaebler bestätigt. Nicht nur Tunnel aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren, sondern auch solche der Linien U 2 und U 5 seien renovierungsbedürftig. „Vorrang hat, das bestehende System funktionsfähig zu erhalten“, unterstreicht Gaebler. Neubauten könnten so angesichts des begrenzten Finanzspielraumes nur dort erfolgen, wo „erhebliche positive Effekte“ zu erwarten seien. Darin seien Strieder und Finanzsenator Thilo Sarrazin sich „völlig einig“.

Trotz dieser „positiven Signale“ ist der Berliner Fahrgastverband IGEB nicht zufrieden. Schließlich sei eine Entscheidung „längst überfällig“, so IGEB-Experte Artur Frenzel. Er glaubt, dass die Bahn durch Leipziger Straße nicht mehr gebaut wird.