Utopisch durch die Mitte in den Tunnel

Das Straßenbahnmonopoly geht weiter. Neben den geplanten Strecken nördlich und südlich des Brandenburger Tors gibt es jetzt einen neuen Vorschlag. Zwei Stadtplanungsneulinge wollen mit einer Alternativlösung Geld sparen

Zappenduster ist es im U-Bahn-Tunnel zwischen dem Lehrter Bahnhof und dem Pariser Platz. Ursprünglich als Endstück der wegen Finanzknappheit gestoppten Verlängerung der U 5 vom Alexanderplatz konzipiert, fristet der Tunnel ein teures Dasein. Weil die Strecke nicht genutzt wird, droht Berlin eine Rückzahlung der Bundeszuschüsse von 130 Millionen Euro.

Um dieser Zahlungsforderung zu entgehen und den bereits vorhandenen U-Bahn-Tunnel in das vorhandene Verkehrskonzept zu integrieren, haben nun zwei Nachwuchsstadtplaner einen Alternativvorschlag an den Senat und die Verkehrsverbände geschickt. Statt der geplanten Verlängerung der U 5 vom Alexanderplatz bis zum Lehrter Bahnhof plädieren sie für die ihrer Meinung nach billigere und sinnvollere Lösung einer oberirdisch fahrenden Straßenbahn.

Bezogen haben sich der TU-Student für Verkehrswesen Simon Heller und der Stadtplaner Tilo Schütz auf einen Vorschlag des verkehrspolitischen Sprechers der CDU, Alexander Kaczmarek. Dieser hatte im Mai 2002 für den Ausbau des Straßenbahnnetzes Richtung Westen plädiert, dabei aber eine unterirdische Führung der Tram unter dem Boulevard Unter den Linden vorgeschlagen. „Oberirdisch ist billiger und leichter umzusetzen. Deshalb haben wir ein neues Konzept entworfen“, argumentiert Schütz. Die Route der Trambahn soll nach den Plänen der beiden vom Alexanderplatz geradeaus am Roten Rathaus vorbei in die Französische Straße münden und hinter der Mauerstraße abtauchen.

„Zwanghafte Versuche, den U-Bahn-Tunnel zu nutzen“, unterstellt SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler den Utopisten. „Völlig absurd“ sei der Plan, eine Tram vor dem Pariser Platz in den Untergrund zu schicken.

Schütz und Heller wehren sich mit dem Argument, dass der Bau einer Rampe, die in den Tunnel führt, günstiger sei als das Brachliegen des Tunnels. Die vom Bund geforderten Rückzahlungen von 130 Millionen würden die 120 Millionen Baukosten, die von den Stadtentwicklern Heller und Schütz veranschlagt wurden, allemal aufwiegen. Die oberirdische Trasse sei zudem für an der Strecke wohnenden Menschen mit kürzeren Bauzeiten verbunden als die Buddelei für einen neuen Tunnel.

Petra Roland, Sprecherin von Verkehrsenator Peter Strieder (SPD), sieht den Vorschlag nicht nur durch die rosarote Brille: „Wir nehmen das Konzept ernst, aber es ist keine Strecke zum Nulltarif.“ Probleme bereite ihr zudem der Gedanke an eine Baustelle an der „guten Stube“ Pariser Platz, um die Tram an den vorhandenen U-5-Tunnel anzuschließen.

Gegenüber Heller und Schütz hat sich die Verwaltung noch nicht geäußert. Zur Zeit wird dort noch der Ausbau der beiden Strecken Bernauer Straße/Invalidenstraße und Leipziger Straße favorisiert. Eins will Tilo Schütz allerdings verstanden wissen: Die Route über die Französische Straße soll keine Ersatzlösung sein für die beiden geplanten Strecken südlich und nördlich des Brandenburger Tors. Die seien, so Schütz, genauso nötig. AGNES CIUPERCA