Exvizepremier fordert Militär zum Putsch auf

Thailands Krise könne nur so beendet werden. Staatsanwaltschaft beantragt Auflösung der Regierungspartei

BANGKOK taz ■ Chavalit Yongchaiyudh, erst am Dienstag als stellvertretender Premier zurückgetreten, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Als Ausweg aus der jetzigen Krise sehe ich nur einem Militärputsch“, sagte der Exgeneral gestern in Bangkok. Danach solle eine Interimsregierung aus allen Parteien gebildet werden.

Damit zielte Chavalit auf Armeechef Anupong Paojinda und warf ihm Unentschlossenheit vor. Die Retourkutsche kam prompt: Anupong schloss einen weiteren Putsch erneut aus. In Anspielung auf den letzten Staatsstreich 2006 sagte er, dass ein Coup die politische Krise im Land nicht beenden würde. „Chavalit soll lieber überdenken, welche Rolle er als Mitglied des Kabinetts bei der blutigen Niederschlagung der Demonstranten gespielt hat.“ Die Regierung unter Premier Somchai Wongsawat solle den Polizeieinsatz vom Dienstag untersuchen lassen.

Chavalit war zurückgetreten, nachdem die Polizei überraschend Demonstranten der sogenannten Volksallianz für Demokratie (PAD) mit Tränengas angegriffen hatten. Auch einige Demonstranten waren gewaltsam auf Polizisten losgegangen. Die PAD-Anhänger waren zuvor zum Parlament marschiert, um dort die Antrittsrede von Premier Somchai zu verhindern. Chavalit hatte zuvor vergeblich versucht, mit der PAD eine Lösung auszuhandeln.

Die PAD hält seit sieben Wochen den Regierungssitz besetzt. Sie fordert den Rücktritt der Regierung, die sie als Marionette des einstigen, 2006 vom Militär gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra ansieht.

Kritiker machen jedoch die PAD für die Eskalation verantwortlich. „Wir sehen, dass Thailand in den politischen Wahnsinn abdriftet“, sagt der Politikwissenschaftler Giles Ungpakorn. Die PAD, hinter der vor allem konservative Militärs, Aristokraten und Technokraten stehen, wolle mit ihren Aktionen einen neuen Putsch provozieren. Ihr schwebe eine „Regierung der Volksrevolution“ vor, in der eine noch nicht näher bestimmte Anzahl der Parlamentarier nicht frei gewählt, sondern ernannt werden soll. Zwei ihrer kürzlich festgenommenen Anführer wurden inzwischen aus der Haft entlassen, die anderen sieben stellten sich der Polizei, nachdem der Vorwurf des Hochverrats gegen sie aufgehoben worden war. Auf Kaution frei kündigten sie für Montag neue Proteste an.

Doch die Gefahr könnte aus einer anderen Richtung kommen: Am Freitag beantragte die Staatsanwaltschaft beim Verfassungsgericht die Auflösung der regierenden People’s Power Party (PPP). Ein führendes Mitglied war kürzlich wegen Stimmenkaufs verurteilt worden. Die Verfassung schreibt vor, dass dann die ganze Partei aufgelöst werden muss. NICOLA GLASS