Kanal trennt Geister

Chirac und Blair nähern sich bei ihrem Gipfel in der Irak-Frage nicht wirklich an, wollen aber in anderen Punkten zusammenarbeiten

LE TOUQUET dpa ■ Die Nationalhymnen, die britischen und französischen Fähnchen, die Hand von Jacques Chirac auf Tony Blairs Schulter, das Lächeln der beiden Männer bei ihrem gemeinsamen Bad in der Menge in Le Touquet – all das konnte gestern, beim 25. französisch-britischen Gipfel nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in Sachen Irakkrise bei den „Divergenzen“ zwischen London und Paris bleibt. Blair konnte Chirac nicht von der Notwendigkeit einer schnellen zweiten Resolution des UN-Sicherheitsrats für einen Krieg gegen den Irak überzeugen. Und Chirac schaffte es nicht, dem Briten klarzumachen, dass die UN-Inspektoren noch einige Monate Zeit für ihre Arbeit brauchen.

Blair strebt die zweite UN-Resolution für den Fall an, dass Iraks Präsident Saddam Hussein die UN-Auflagen nicht erfüllt. Chirac bevorzugt zum jetzigen Zeitpunkt die umfassende Umsetzung der Irakresolution 1441 und will den UN-Waffenkontrolleuren Zeit geben. Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat könnte Paris den Schritt mit einem Veto verhindern.

Allerdings gibt es nach den Angaben auch übereinstimmende Einschätzungen zum Irak. Für Chirac wie für Blair ist es das Ziel, den Irak zu entwaffnen. Auch müssten die Vereinten Nationen im Zentrum der Entscheidungen stehen. Chirac machte einige ironische Anmerkungen zum Unterstützungsaufruf von acht europäischen Staats- und Regierungschefs für US-Präsident George Bush, den auch Blair unterschrieben hatte. Chirac dagegen hatte sich mit Bundeskanzler Gerhard Schröder für eine friedliche Lösung des Irakkonflikts ausgesprochen.

Der Gipfel, auf dem es neben der Irakkrise vor allem um stärkere militärische Zusammenarbeit beider Länder ging, war bereits einmal wegen Unstimmigkeiten kurzfristig verschoben worden. Im November waren Chirac und Blair wegen der EU-Agrarpolitik aneinander geraten. Trotz der Uneinigkeit in der Irakfrage erklärten die beiden Männer am Ende des Gipfels, dass sie ihre Militärzusammenarbeit verstärken werden. Sie wollen zusammen mit Spanien und Italien künftig für eine Vernetzung ihrer Flugzeugträger sowie für gemeinsame Ausbildungen und Manöver sorgen. Zudem wollen sie stets einen europäischen Flugzeugträger einsatzbereit halten. DOROTHEA HAHN