Wieder an die Urne

Geheimplan von Bürgermeister Ole von Beust: Neuwahlen in Hamburg, um der SPD den Rest zu geben und Kanzlerkandidat der CDU zu werden

Kenteradmiral Rudolf Lange (FDP) wird in den Rücktritt getrieben, um eine Koalitionskrise zu inszenieren und Neuwahlen zu provozieren

von SVEN-MICHAEL VEIT

Hamburg stehen Neuwahlen ins Haus. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) plant nach Informationen der taz hamburg ein polittaktisches Meisterstück: Die eklatante Schwäche der Sozialdemokraten nach den Wahlschlappen in Hessen und Niedersachsen auszunutzen (die neueste „Sonntagsfrage“ des Meinungsforschungsinstituts Forsa für die heutige Ausgabe des stern sieht die SPD bundesweit nur noch bei 27 Prozent, die CDU hingegen bei 49 Prozent), um seine Machtposition in Hamburg vorzeitig für weitere vier Jahre zu festigen. Sollte dies gelingen, würde sich zudem im Herbst 2006 die Kanzler-Frage der CDU neu stellen: Parteichefin Angela Merkel müsste sich dann nicht nur des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch erwehren, sondern auch des smarten Sunnyboys von der Elbe.

Zeitgleich mit der Wahl in Bremen am 25. Mai, so der vom Bürgermeister und seinen beiden engsten Vertrauten, Staatsrat Volkmar Schön und Fraktionschef Michael Freytag, ausgeheckte Plan, sollen auch die HamburgerInnen erneut an die Urne gerufen werden. Den nach Artikel 11 der Hamburger Verfassung erforderlichen Beschluss zur Selbstauflösung der Bürgerschaft soll diese auf ihrer Sitzung am 5. März fassen.

Zuvor jedoch müsste eine Koalitionskrise provoziert werden, die zugleich Gelegenheit zur Schwachstellenbeseitigung im Senat böte. Geopfert werden soll Bildungssenator Rudolf Lange (FDP), der sich im Laufe seiner Amtszeit als Nullnummer profiliert hat. Heimliche Behördenchefin ist ohnehin seine Amtsleiterin Ingeborg Knipper (CDU), die der Bürgermeister im Herbst zur Schadensbegrenzung an Langes Seite abkommandiert hatte. Der „Kenteradmiral“ soll, so das durchtriebene Vorhaben, in eine Falle gelockt werden, die seinen Rücktritt unausweichlich macht. Die Liberalen müssten deshalb die Rechts-Koalition platzen lassen, Neuwahlen wären die unausweichliche Folge.

Eingeweiht werden in diese Machtspielchen soll deshalb FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen. Dem alerten Rechtsanwalt, der sich selbst zu Höherem berufen sieht, würde als Belohnung im neuen Senat der Posten des Justizsenators winken. Ein entsprechendes Gerücht war bereits vor drei Monaten über Springers Welt am Sonntag lanciert und umgehend allseits treuherzig dementiert worden.

Die Schulbehörde würde dann von Knipper in ruhiges Fahrwasser gesteuert werden können; der affärengeschüttelte Justizsenator Roger Kusch (CDU) müsste zugunsten Müller-Sönksens abdanken. Damit würde von Beust zugleich der rot-grünen Opposition, die mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Kusch-Filz“ droht, den Wind aus den Segeln nehmen.

Abwarten will von Beust nur noch die Ergebnisse einer Hamburger „Sonntagsfrage“, die er bei einem Meinungsforschungsinstitut in Auftrag gegeben hat. Sie wird nächste Woche vorliegen. Sollten der Union an der Elbe danach etwa 40 Prozent winken (Wahl September 2001: 26,2 %) und der SPD ein Rückgang auf etwa 30 Prozent (2001: 36,5%) drohen, soll sein Geheimplan umgesetzt werden. Denn selbst eine ihre Stimmen verdoppelnde GAL (2001: 8,6%) würde nicht für eine rot-grüne Mehrheit in der Hansestadt sorgen können.

Zusammen mit einer möglicherweise halbierten Schill-Partei (2001: 19,4%) und einer FDP, die zurzeit vermutlich sicher die Fünfprozent-Hürde überwinden dürfte, ist eine deutliche Mehrheit für Schwarz-Schill so gut wie sicher. Dann könnte ein erneuertes Rechts-Bündnis mit einer gestärkten CDU vier weitere Jahre in der Hansestadt das anrichten, was es für einen „Politik-Wechsel“ hält.

Und Ole von Beust dürfte nach einem solchen genialen Polit-Schachzug davon träumen, drei Jahre später Kanzlerkandidat der CDU/CSU zu werden.