„Bildung! Qualität!“

Bremer Bildungstag: Alle sind ins Rathaus eingeladen, sogar der Bundestagspräsident. Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter protestieren gegen unverbindliches Reden und eine „Politik ohne Dialog“

„Anti Toxin“ wollte „Ist das der Sonderzug nach Pisa?“ spielen – abgelehnt

taz ■ Unter dem Motto: „Bildung verbessern! Verantwortung stärken! Qualität sichern!“ (so heißt es wirklich) soll heute der „Bremer Bildungstag“ im Rathaus stattfinden. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) kommt für den Gastvortrag ins Pisa-Schlusslichtland, Vertreter aller Schulen aus Bremen und Bremerhaven sind eingeladen. In drei Foren sollen die „Empfehlungen des Rundes Tisches Bildung“ vorgestellt und erörtert werden. Zugleich soll eine Ausstellung zeigen, zu welchen Leistungen bremische Schulen in der Lage sind.

Die Schulen werden eine Vielzahl von beispielhaften Projekten und „Schätzen“ präsentieren, die Mut machen und dazu beitragen sollen, einen kräftigen Reformschub zu entfachen. Es beginnt gegen 13.30 Uhr mit einem 5-minütigen Trommelfeuer der Trommelgruppe der Reform-Grundschule „Auf den Heuen“, in der Oberen Rathaushalle werden Schüler vom Schulzentrum Walliser Straße „Nathan – im / possible“ aufführen. Auf der großen Abschlussveranstaltung ab 16.30 Uhr sprechen neben Thierse der frühere Bildungssenator Henning Scherf, Willi Lemke und der Leiter des Runden Tisches Bildung, Wolfgang Harder. Bis 19 Uhr besteht dann noch Gelegenheit zum Besuch der ausgestellten Projekte im Rathaus.

Diese große Demonstration der Bremer Reformfreude wollen Zentral-Elternbeirat (ZEB), Schülervertretung (GSV) und Lehrergewerkschaft GEW zum Anlass für eine große Gegendemonstration nehmen. „Von Dialog kann noch nicht die Rede sein“, heißt es in dem Aufruf der drei Interessenverbände. Die Empfehlungen des Runden Tisches Bildung seien „überwiegend positiv“ zu bewerten, bei der Umsetzung sei aber von Redebereitschaft nichts mehr zu spüren. „Ohne Diskussion und Suche nach Interessenausgleich und Kompromiss mit den Betroffenen und ihren Vertretungen werden Gesetzesvorlagen aus der Schublade geholt und der staunenden Öffentlichkeit präsentiert“, schreiben die drei Verbände. Zum Beispiel sei mit einem Federstrich das Elternrecht bei der Wahl der Schulart nach Klasse 6 gestrichen worden. Beschlüsse über die Einführung des Zentralabiturs und die Arbeitszeitverlängerung für Lehrkräfte stünden „im Widerspruch zum deklarierten Ziel der Schaffung einer neuen Lern- und Vertrauenskultur“.

Weder ZEB noch GSV oder GEW seien bei den Arbeitsgruppen zur Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches beteiligt worden. Die drei Verbände fordern den Senator für Bildung zu einem „Kurswechsel“ auf.

An dem Bildungstag hatte auch die Cabaret-Gruppe „Anti-Toxin“ einen Beitrag leisten wollen. Ihr aktuelles Programm verspricht „viele Szenen direkt aus der Schule mit ungeahnten Auftritten diverser Lehrer“, dazu „Schüler in allen Schulhoflagen, blinde Passagiere im Vorortzug und, und, und“.

Zwischen Thierse und Lemke sollte „Anti Toxin“ auftreten und wollte auch die bremische Bildungspolitik kabaretistisch durch den Kakao ziehen. Mit Lindenberg-Kopien wie „Ist das der Sonderzug nach Pisa?“ wollten sie sich über die Reisepolitik des Bremer Bildungssenators lustig machen. Offenbar hatte seine Behörde Sorge, dass er darüber nicht lachen kann und lehnte die kabarettistische Einlage ganz ab: Das Niveau der Schüler-Satire sei zu niedrig, hieß es aus der Behörde, der eingereichte Text zudem mit zehn Minuten doppelt so lang wiegeplant. Nun kommt die Bläsergruppe zwei Mal zum Einsatz.

kawe