Einstieg zum Ausstieg

Ausländerbeauftragte Marieluise Beck warnt die Grünen vor „politischem Debakel“ beim Zuwanderungsgesetz

BERLIN taz ■ Offiziell würde es sie nie zugeben, doch die Ausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne) bereitet ihre Partei auf den Einstieg in den Ausstieg aus dem Zuwanderungsgesetz vor. Wenn die 121 Änderungsanträge der unionsregierten Länder im Bundesrat ernst gemeint seien, „kann es nicht zu einer Vereinbarung kommen“, sagte Beck am Dienstagabend vor Journalisten in Berlin. „Der Zweck des Zuwanderungsgesetzes darf nicht in sein Gegenteil verkehrt werden.“

Die Grünen-Politikerin will die Verhandlungen mit der Union nicht von vornherein für gescheitert erklären. Doch ihre Warnungen an die eigene Partei sind unmissverständlich. Es bestehe „die große Gefahr“, dass im Vermittlungsausschuss des Bundesrats ein Ausländerrecht herauskomme, „das in Teilen deutlich restriktiver ist als das, was wir heute haben“, sagte Beck. „Das würde ich als politisches Debakel bezeichnen.“

Als möglichen Ausweg schlug Beck Teillösungen vor. Wenn eine Einigung mit CDU und CSU nicht möglich sei, könnte die Regierungskoalition ähnlich wie bei der Homo-Ehe versuchen, das Zuwanderungsgesetz zu splitten, sagte Beck. Einzelne Teile könnten auch ohne Zustimmung des Bundesrates verabschiedet werden. Dazu zählte sie Integrationskurse und einen verbesserten Schutz für nichtstaatlich Verfolgte nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Auch leichtere Zugangsmöglichkeiten bei der Arbeitsmigration ließen sich im Alleingang regeln.

Nach den vorliegenden Änderungsanträgen will die Union das Nachzugsalter für Kinder von zwölf auf zehn Jahre senken. Menschen, die vor nichtstaatlicher oder geschlechtsspezifischer Verfolgung geflohen sind, sollen anders als im Zuwanderungsgesetz geplant keine Anerkennung als politische Flüchtlinge bekommen. Stattdessen sollen sie einen schwächeren Abschiebeschutz als nach der bestehenden Regelung erhalten. Eine Härtefallregelung für Einzelfälle soll es nicht geben. Arbeitsmigration soll nur für Hochqualifizierte und nur mit befristetem Aufenthaltsstatus zugelassen werden. Auch das im Jahr 2000 reformierte Staatsangehörigkeitsrecht will die Union wieder verschärfen.

Der unionsdominierte Bundesrat wird voraussichtlich am 14. Februar seine Stellungnahme zum Zuwanderungsgesetz abgeben. Ab April könnte dann im Vermittlungsausschuss verhandelt werden. LUKAS WALLRAFF

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