Powell: Irak vernichtet Beweise

Unter Berufung auf übergelaufene Waffenexperten erklärte Powell, Irak betreibe mobile Anlagen zur Herstellung biologischer Waffen in Bahnwaggons

aus New York ANDREAS ZUMACH

Die Bush-Administration hat dem UNO-Sicherheitsrat am Mittwoch Material vorgelegt, das nach ihrer Überzeugung fortgesetzte „schwere Verstöße“ Iraks gegen die UNO-Abrüstungsresolution 1441 beweist sowie Beziehungen Bagdads zu al-Quaida und anderen Terrororganisationen. Die von Außenminister Colin Powell präsentierten Satellitenfotos und Mitschnitte abgehörter Telefonate sowie mündlich zitierte Zeugenaussagen sollen belegen, dass Irak weiterhin aktive Programme zur Herstellung atomarer, chemischer und biologischer Massenvernichtungsmittel sowie ballistischer Raketen betreibt und Altvorräte an diesen Waffen aus der Zeit von vor 1998 weiterhin versteckt hält.

Zu Beginn seines über einstündigen Auftritts spielte Powell dem Sicherheitsrat den Mitschnitt eines abgehörten Telefonats vor. Zu hören ist ein auf Arabisch geführtes Gespräch zweier Männer über die Notwendigkeit, umgerüstete Lastwagen verschwinden zu lassen. Nach Angaben Powells handelt es sich bei den beiden Gesprächspartnern um einen Brigadegeneral und einen Hauptmann der Republikanischen Garden. Das Telefonat habe am 26. November 2002 stattgefunden, am Tag vor Beginn der Inspektionen durch die Unmovik und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO). In einem zweiten vom US-Außenminister vorgespielten Telefonat wird die Anweisung erteilt, ein Munitionsdepot zu säubern und diese Anweisung zu vernichten. Laut Powell beweisen die Telefonate, dass Irak vorab über die Inspektionen infomiert und daher in der Lage sei, verbotene Waffen, Grundstoffe oder belastende Dokumente rechtzeitig vor Ankunft der Inspektoren verschwinden zu lassen.

Zur Unterstützung dieser Behauptung zeigte Powell dem Sicherheitsrat zwei Fotos, die eine chemische Munitonsanlage vor und nach ihrer – angeblich am 22. Dezember letzten Jahres erfolgten – Säuberung zeigen. Beleg für die Säuberung ist laut Powell, dass ein Dekontaminierungsfahrzeug sowie Sicherheitseinrichtungen, die auf dem ersten Foto zu sehen sind, auf dem zweiten Bild fehlen. Nach Darstellung Powells verfügen die USA über ähnliche Satellitenaufnahmen von rund 30 irakischen Anlagen. Unter Berufung auf übergelaufene Waffenexperten erklärte Powell, Irak betreibe mobile Anlagen zur Herstellung biologischer Waffen in Eisenbahnwaggons sowie etwa 18 Lastwagen.

Zum Beleg dafür, dass Irak diese Programme vor den UNO-Inspektoren versteckt hält, spielte Powell ein Telefonat vor, in dem angeblich einem irakischen Offizier aus dem Hauptquartier der Streitkräfte die Anweisung erteilt wird, das Wort „Nervengas“ aus allen Kommunikationen zu entfernen. Die Spezial-Aluminiumröhren, die Bagdad nach eigenem Eingeständnis in den letzten Monaten zu importieren suchte mit der Zweckbestimmung für ein konventionelles Waffenprogramm weise nach Darstellung Powells Eigenschaften auf, die auf die beabsichtigte Verwendung für eine Urananreicherungsanlage zur Herstellung von atomwaffenfähigem Spaltmaterial hinweisen. Darüber hinaus bemühe sich Bagdad auch um die Einfuhr und die Einführung von Spezialmagneten für das Atomwaffenprogramm. Die Information über die Beschaffungsversuche stammen laut Powell aus abgehörten Telefonaten von Mitte 2000 bis Mitte 2002. Mit Fotos von einer angeblich neu errichteten Raketentestanlage versuchte Powell die Behauptung der Bush-Administration zu belegen, dass Irak nicht nur erlaubte Kurzstreckenraketen mit Reichweiten von bis zu 150 Kilometern entwickelt, sondern ballistische Raketen, die, so Powell, angeblich bis zu 1.200 Kilometer fliegen können.