EU sieht Chance

Griechenland bringt in der Irakfrage einheitliche „Demarche“ zustande. UN-Resolution 1441 sei für Irak die letzte Chance, friedlich abzurüsten

BRÜSSEL taz ■ Die griechische Ratspräsidentschaft der EU hat sich außenpolitisch an Deck zurückgemeldet. Während in den vergangenen Tagen bei der Irakfrage keine einheitliche Linie der EU mehr zu erkennen war, brachte gestern die griechische Regierung eine gemeinschaftliche „Demarche“ zustande.

Den irakischen Botschaften in Athen, Brüssel und New York wurde ein Brief übergeben, der von allen Mitgliedsstaaten und den Regierungen der dreizehn Kandidatenländer (inklusive Rumänien, Bulgarien und Türkei) unterzeichnet ist. Ähnlich wie in der Erklärung der EU-Außenminister vergangene Woche wird noch einmal die Bedeutung der Sicherheitsratsresolution 1441 betont. „Wenn Irak diese Chance nicht ergreift, wird er die Verantwortung für alle Konsequenzen zu tragen haben“, heißt es drohend, aber vage in dem Brief.

Die Befriedigung der griechischen Diplomaten, die Disziplin wiederhergestellt und alle auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammengeführt zu haben, währte allerdings nicht lange. Kurz nach dem Brief der 27 wurde bekannt, dass die zehn mittel- und osteuropäischen Staaten der so genannten „Vilnius-Gruppe“ ein weiteres Treuebekenntnis zu den USA ablegen wollen. Der litauische Nato-Botschafter, Ginte Damusis, kündigte gestern Nachmittag eine entsprechende Erklärung an.

Schon letzte Woche, als fünf EU-Regierungen mit einer Solidaritätsadresse an die USA den gemeinsamen Kompromiss der Außenminister außer Kraft gesetzt hatten, war deutlich geworden, dass sich die neuen EU-Mitglieder der Nato mehr verpflichtet fühlen als der gemeinsamen EU-Außenpolitik. Ungarn, Polen und Tschechien hatten den Brief mit unterschrieben. Lettland und Slowenien teilten später mit, sie hätten ebenfalls gern zu den Unterzeichnern gehört.

Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses, der CDU-Politiker Elmar Brok, forderte einen Sondergipfel, damit die Union wieder zu einer einheitlichen Linie in der Irakpolitik finden könne. Allerdings ist das EU-Parlament in der Frage selbst zerstritten. Während eine Delegation aus Grünen und Linken bis gestern im Irak unterwegs war, um mit Hilfsorganisationen zu sprechen, wurde diese Reise von Liberalen und Konservativen als propagandistische Schützenhilfe für Saddam Hussein verurteilt. DANIELA WEINGÄRTNER