DIE JÜNGSTE MOBILISIERUNG DER ITALIENISCHEN LINKEN IST ZAHNLOS
: Berlusconis ungestörter Schlaf

Am Samstag erlebte Rom eine mächtige Demonstration der radikalen Linken gegen die Regierung. Und in zwei Wochen will Walter Veltroni, Chef der gemäßigt linken Demokratischen Partei, gar eine Million Menschen mobilisieren, um in Rom unter dem Slogan „Rettet Italien“ der Rechtsregierung die rote Karte zu zeigen.

Muss Berlusconi also jetzt unruhige Nächte schlafen? Wohl kaum. Seine Koalition ist weit stabiler als alle jene Regierungsbündnisse, die sich seit 1994 – seit seinem Einstieg in die Politik – ablösten. Immer bot sich das gleiche Bild. Solange eines der beiden Lager in der Opposition verharrte, fand es schnell zur Einheit: zur Einheit wenigstens in dem Willen, die „anderen“ von der Macht zu vertreiben. An der Regierung dagegen, egal ob der Premier nun Prodi oder Berlusconi heiß, folgte ein Schauspiel der Zerrüttung und der Selbstblockade.

Dieses Bild hat sich nach Berlusconis letztem Wahlsieg im April 2008 völlig gedreht. Seine Koalition agiert mit ungewohnter Geschlossenheit. Keine Debatten über den Müll in Neapel, keine Diskussionen über die Soldaten in den Städten als Vorhut im „Kampf gegen die Kriminalität“, kein Streit über die gerade anhängige konservative Schulreform – alles wird mit der erdrückenden rechten Mehrheit im Parlament durchgewunken.

Neu ist auch das Bild auf Seiten der Opposition. Nach Berlusconis Wahlsieg im Jahr 2001 hatte sie im Sog mächtiger Massenbewegungen schnell eine gemeinsame Front gebildet. Diesmal dagegen verharrt sie in ihren Spaltungen. Da ist vorneweg die Demokratische Partei, die sich ein erneutes Zusammengehen mit der radikalen Linken einfach nicht vorstellen kann. Da ist der ehemalige Anti-Korruptions-Staatsanwalt Antonio Di Pietro, der mit seinem radikalen Kampf gegen Berlusconis Justizpolitik immer populärer wird – dessen Bündnis mit den Demokraten aber schon kurz nach den Wahlen zerbrochen ist. Und da ist schließlich die radikale Linke. Sie schafft es nicht einmal, wenigstens in ihren Reihen ein gemeinsames Projekt zu formulieren. Berlusconis Nächte dürften folglich weiterhin ruhig verlaufen. MICHAEL BRAUN