Sich die Hacken schief laufen

„Sozialdemokraten im Gespräch“: Mit einem basisnahen, berlinfernen und preiswerten Wahlkampf will die SPD bei der Bürgerschaftswahl im Mai stärkste Partei im Parlament bleiben

„Gerade jetzt muss ich so nah wie möglich an meine alte, liebe Partei heranrücken“

taz ■ Die große rechte Hand des langen Herrn schnellte, während er sprach, immer wieder durch die Luft und schnappte nach dem linken Unterarm des kleineren, schweigenden Nebensitzers. Übersetzt könnte diese Körpersprache sagen: Ruhig bleiben, mein Junge, nicht aufregen, ich regel das schon für uns. Der Greifer war gestern Bremens Bürgermeister Henning Scherf, der Gegriffene hingegen SPD-Landeschef Detlev Albers. Zum ersten Mal überhaupt stellten sich die beiden Spitzengenossen gemeinsam der Presse – um das Konzept der SPD für den Bürgerschaftswahlkampf vorzustellen.

Am Vorabend hatten Scherf und Albers mit den SPD-Ortsvereinschefs eine Sprachregelung ausgeheckt. Das Ergebnis des Wundenleckens nach dem Wahldesaster von Niedersachsen und Hessen heißt: Man steht in trotziger Jetzt-erst-recht-Haltung zusammen. „Gerade ich muss alles dafür tun, mich nicht abzusetzen, sondern so nah wie möglich an meine alte, liebe Partei heranzurücken“, flötete Scherf.

Die 6.500 organisierten Sozialdemokraten im Land müssten das Gespräch mit den Bürgern in der Kneipe, auf dem Markt oder im Betrieb suchen, so der Bürgermeister. Die Botschaft müsse heißen: „Wir wollen euch nicht propagandistisch überfallen, sondern uns mit euch dort auseinandersetzen, wo ihr das wollt.“ Alle SPD-ler müssten sich „richtig die Hacken schief laufen, um überhaupt ein respektables Ergebnis zu erzielen, um überhaupt verhandlungsfähig zu sein“. Er sei „doch nicht der einzige Populist in der SPD“, sagte Scherf, der unter den skeptisch-scheelen Blicken von Albers keinen Hehl daraus machte, dass er die Große Koalition liebend gerne fortsetzen würde: „Ich verspüre hier kein Wechselklima.“

Ihre Werbeagentur hat die diskursive Botschaft, die Scherf und Albers rüberbringen möchten, bereits in Slogans gegossen: „Sozialdemokraten im Gespräch“ lautet der Titel der Wahlkampagne, das Motto heißt: „Mitreden.“

Wahlziel der SPD müsse es erneut sein, „bestimmende politische Kraft“ im Lande zu werden, so Albers. Die Partei dürfe sich aber „nicht in absolute-Mehrheits-Phantasien verrennen“. Der Wahlkampf müsse „sympathisch, effizient und minialistisch“ sein. Die klamme SPD wolle deshalb den anderen Parteien ein „Wahlkampfbegrenzungsabkommen“ vorschlagen, um gemeinsam „darauf zu verzichten, die Stadt schon vor Ostern mit Wahlplakaten zuzukleistern“.

Während Albers kundtat, dass „wir keinen Koalitionswahlkampf führen werden“, stimmte Scherf gegenüber der CDU Schalmeientöne an: „Ich sage, wir haben gemeinsame Erfolge erzielt, und Du sagst, das habe alles die SPD gemacht“, beschied er seinen Parteichef mit mildem Spott.

Bundesprominenz solle aus dem Wahlkampf eher ferngehalten werden, so Scherf: Zwar werde man Schröder „hier schon irgendwie vorzeigen“, jedoch „ohne den Wahlkampf bundespolitisch schieflastig zu machen“. Man wolle „keine Parade von Bundespolitikern“ in Bremen veranstalten. „Die haben so viel zu tun, die sollte man beim Arbeiten nicht stören.“ Markus Jox