Kinderstunde

Die Frau, mit der ich lebe, regrediert. Nicht äußerlich, Gott sei Dank, aber in ihrem Unterhaltungsbedürfnis durchaus und mit Macht. So werde ich in jüngster Zeit nachhaltig dahingehend gedrängt, beim Beibringen von Videos in der Abteilung „Kinder“ fündig zu werden. Der Appetit der Gefährtin ist – was bei Kindern ja nicht untypisch sein soll – beträchtlich. So haben wir „Antz“, „Shrek“ und „Ice Age“ in etwas unter einer Woche konsumiert. Dagegen wäre im Prinzip nichts einzuwenden, allein, die Gefährtin verlangt nach immer neuen Sensationen. Nun ist es bekanntlich an dem, dass ein Film in 90 Minuten durchgelaufen ist, seine Produktion aber zwei bis drei Jahre in Anspruch nimmt. Der Einsicht in dieses – zugegeben missliche – Missverhältnis verschließt sich die Gefährtin allerdings erbittert. Und Kinder können nun mal ziemlich nerven, wenn sie ihren Willen auf ein Ziel programmiert haben. Da hilft es nichts, alternativ „Spy Kids 2“ anzuschleppen, „Feuer, Eis und Dosenbier“ oder was dergleichen mehr den Bereich des Infantilen streifen mag. Geradezu gemein finde ich, dass die Gefährtin mir das Nichterscheinen von „Lilo und Stitch“ – bereits seit Wochen für Anfang Februar angekündigt – als persönliches Versagen zur Last legt. Immerhin verstehe ich jetzt den leicht manischen Gesichtsausdruck, mit dem ein Vater seinen sechsjährigen Stöpsel in der Videothek bekniet, man müsse doch den „König der Löwen“ nicht noch ein siebzehntes Mal ausleihen. Andererseits herrscht dann natürlich für anderthalb Stunden Ruhe im trauten Heim. Selbst die Gefährtin bringt es nicht fertig zu reden, während sie am Daumen lutscht.