Bewegung im Spiel

Die richtigen Kindermöbel auf Anhieb zu kaufen ist ganz schön schwer. Hochbetten bergen Gefahren, Schränke müssen Versteckspiel aushalten. Und ordentlich Stauraum wäre auch ganz nett

von KAIJA KUTTER

Da hatten Theo und Clara ihre Mama ganz schön reingelegt. „Nö, wir brauchen nichts von Ikea. Höchstens solche großen Kisten mit Rollen, wie Daniel sie hat.“ Die könne man so praktisch unters Bett schieben, das wäre doch zum Aufräumen ganz gut. Drei Wochen sind die rollenden Behälter jetzt im Haus. Darin ordentlich Spielzeug verstaut wurde noch nie. Dafür ständig Taxi, Bus oder sogar rollendes Bett gespielt.

Das Thema Kindermöbel kann Mütter schon zur Verzweiflung bringen – irgendwie ist die Zuständigkeit für Kinderzimmergestaltung originär weiblich. Auch wenn vollberufstätige Väter schon mal vor ihren Kollegen damit protzen, sie hätten „voll günstig für nur 2500 Euro ein Kinderzimmer erstanden“. Solche „Kinderzimmer“ bestehen aus Wickeltisch, Junior-Gitterbett und Wandschrank und werden in der Regel ahnungslosen werdenden Eltern angedreht. Möbliert man damit das klassische Acht- bis Zehn-Quadratmeter-Kinderzimmer des 60er- und 70er-Jahre-Wohnungsbaus, ist das Zimmer komplett zugestellt und der Bewegungsmangel des Sprösslings programmiert.

Aufgeklärte Eltern wissen natürlich, dass die abgepolsterte Tobe- und Krabbelecke am Boden viel wichtiger ist als der biedere Kleiderschrank und versuchen auch die Wickeltischphase mit originellen Provisorien à la Kommode-auf-Klötzen-höher-gestellt zu umgehen. Aber auch diese Klientel ahnt in diesem frühen Stadium noch nicht, dass sich Kinderzimmer zwangsläufig mit einer Flut von Gegenständen füllen. Wenn Mama anderthalb Jahre nach der Geburt loszieht, um niedliche Stühlchen und ein Tischchen für das Kind, das gerade sitzen kann, zu besorgen, ist dies noch ein vergnügliches Shopping-Event. Später wird sie wieder und wieder ausschwärmen und nach Ordnung schaffenden Möbelsystemen Ausschau halten. Genial das Treppenregal „Tofast“ von Ikea, das Kleinkindern das Klettern erlaubt und gleichzeitig Einschubnuten für Spielzeugkisten verschiedener Größen enthält.

Doch zwei, drei Geburtstage später wirkt auch dessen Fassungsvolumen lächerlich gering, dann müssen Wandregale, Bettkisten und normale Schränke her. Und wer dann einst das solide Ungetüm aus Eiche von Großtante Else als zu hässlich ablehnte, wird dies spätestens jetzt bereuen: In den meisten modernen Kleiderschränken können sich Kinder heutzutage nicht mal mehr verstecken, weil sie zu wackelig sind. Kinder klettern auf und in alles rein. Möbel müssen standfest sein.

Klar gibt es eine Reihe von Kindermöbelherstellern, die genau darauf achten. Die Abenteuerbetten von „Woodland“ mit Kletterseil, Kran und Piratensteuerrad zum Beispiel haben gewiss schon manch elterliche Beziehungskrise provoziert. Sie meint, dass sich die vierstellige Euro-Investition in das aus astlosen und einwandfrei abgerundeten Kiefernholzbalken gefertigte Gerüst lohnt. Er hat in der Broschüre der Verbraucher-Zentrale gelesen, dass Hochbetten wegen der Unfallgefahr erst für Sechsjährige empfohlen werden. Daran hat „Woodland“ jedoch gedacht, hat eine zusätzliche Fallsicherung konstruiert und auch ein Bettgestell, in dem die Liegefläche für Zweijährige ganz tief und für älter werdende Kinder immer höher geschraubt werden kann. Wer wenig Platz in der Wohnung hat, ist damit vielleicht gut bedient. Wer mehr Platz hat, hat bis zum Schulkindalter vielleicht schon ein ganz normales Einzelbett besorgt.

Auch die müssen nicht schmucklos sein; auch hier werben die Hersteller mit Spaß- und Nutzungsoptimierung. Es gibt Schaukelbetten, Höhlenbetten und Schrankkastenbetten. Die Möbelfirma „Silenta“ hat sogar ein Rennauto-Bett aus massiver Kiefer im Angebot. Es gibt es in Natur, in rot und blau, immer schadstofffrei und speichelfest lasiert. Das autobegeisterte Vater und Sohn-Gespann – hier wird eindeutig an die Papis als Käufer apelliert – kann zwischen „Oldtimer“, „Formel S“ und „Formel 1“ wählen und einem Modell, dass bei Überdruss in ein Regal umgebaut werden kann. Und wer auf Rundumlösungen steht, kann gar das „Kinderzimmer Komplett“ mit einer Zapfsäule als Ablage und Werkstatt-Tischen erwerben.

Einziger Nachteil: Die Räder des Bettautos drehen sich nicht und die Karosserie geht bis zum Boden, so dass man keine Staukiste drunter schieben kann. Und weil die sich wirklich rollen lässt, ist sie für Kinder im Zweifelsfall das spannendere Taxi.