„Der Frieden kommt nicht mit Gewalt“

Fast 2.000 Menschen besuchten gestern den ökumenischen Bittgottesdienst gegen Krieg im Irak. Mit anschließender Lichterkette demonstrierten Junge und Alte ihre Friedenssehnsucht. „Kundgebungscharakter“ wollte man beim Gottesdienst vermeiden, aber die Kirchen rufen zur Demonstration auf

„Am Ende wird niemand mehr wissen, wie man Krieg führt“

Der Krieg gegen den Irak wird mit jedem Tag wahrscheinlicher, und es war diese „Sorge um den Frieden“, die gestern rund 1.900 Bremer und Bremerinnen zum Bittgottesdienst in den St.-Petri-Dom führte. Beide Kirchen – die evangelische und die katholische – hatten zur gemeinsamen Feier in Bremens größter Kirche geladen. Man veranstalte, so der Schriftführer der evangelischen Kirche, Pastor Louis von Zobeltitz, den Bittgottesdienst „in Verbundenheit mit allen, die auf eine friedliche Lösung hoffen.“ Krieg, das war die Botschaft der Laien, PastorInnen und Pfarrer, die das Wort erhoben, „ist kein Mittel, auch nicht das letzte, um Konflikte zu lösen“.

Schon eine halbe Stunde vor Beginn, um halb fünf, strömten die Menschen zur Kirche. Einige hielten bereits die Kerzen in der Hand, die anschließend bei der Lichterkette am Martinianleger entzündet wurden. Aus ganz verschiedenen – geographischen wie politischen – Ecken setzten sich die Gottesdienstbesucher zusammen. Margret H. (65) aus Bremen Nord, war vor vielen Jahren aktiv in der Friedenbewegung. „Tja, und nu bin ich wieder angefangen“ erzählt sie. Sie und ihre Freunde aus Ritterhude treibt eine reale Sorge um. „Wenn der Schröder jetzt Druck von der CDU kriegt, ändern die ihre Position doch noch“, fürchten sie nach den Wahlen in Niedersachsen und Hessen.

Viele Gottesdienst-Gäste waren wohl froh, ihren Protest auf die Kirchenbank tragen zu können – eine Demonstration etwa war der 15-jährigen Schülerin Katja B. aus Schwachhausen „nicht so geheuer“. Manche Redner gaben ihr Recht: „Ich verstehe das hier nicht als politische Kundgebung oder als Demonstration“, so ein Kirchenmann. Es gehe vielmehr um eine „zutiefst ethische Frage“. Auch er zitierte, wie viele andere, aus dem Buch des Propheten Micha – seine Friedensvision mag naiv klingen in den Ohren der mit realen Machtverhältnissen beschäftigten Menschen: „Am Ende wird niemand mehr wissen, wie man Krieg führt“.

Bei allen allgemeingültigen Grundsätzen riefen die Kirchen im Faltblatt zum Gottesdienst doch auch zur zentralen Bremer Demonstration am heutigen Samstag auf. Nicht jede/r Redner/in wollte sich im Übrigen aufs Christlich-allgemeine beschränken. Hussein missbrauche den Namen Allahs so wie Bush den Namen Gottes missbrauche, sprach eine Laiin. Andere berichteten von den verheerenden Folgen des Embargos für das irakische Volk.

„Ich bin mir trotz allem nicht sicher“, sinniert beim Rausgehen ein Geschäftsreisender aus Reutlingen, der sich spontan zumGottesdienst-Besuch entschieden hat. „Obwohl meine und übrigens auch George Bushs Kirche, die evangelisch-methodistische, ganz entschieden gegen den Krieg ist.“

Elke Heyduck