„Wir wollen die Gemälde zurück“

Der Laster war schon bestellt: Ralph Jentsch, der Nachlassverwalter von George Grosz rügt die Kunsthallen-Leitung

Zwei Gemälde von George Grosz befinden sich im Besitz der Kunsthalle. Doch beide gehören ihr nicht, behauptet Ralph Jentsch, der als Nachlassverwalter die Söhne des Malers vertritt. „Wir wollen die Gemälde zurück“, bestätigte Jentsch gegenüber der taz. Zugleich rügte er die Kunsthallen-Leitung. Diese habe seine Anfragen mit Stillschweigen quittiert. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen“, konterte der zuständige Kustode Andreas Kreul. Den juristischen Sachverhalt wolle man „in Ruhe prüfen“.

Bei den Gemälden handelt es sich um das 1928 entstandene „Pompe funèbre“ sowie „Stillleben mit Okarina“ von 1931. Noch vor seiner Emmigration hatte Grosz beide Werke dem Galeristen Alfred Flechtheim übergeben – jedoch nur in Kommission, so der Grosz-Experten Jentsch. Als die Nazis die Kunsthandlung auflösten, beschlagnahmten sie das Stillleben. Dann verliert sich seine Spur. „Pompe funèbre“ war von Flechtheim zwar noch ins Ausland gerettet worden. Als der Galerist jedoch 1937 in London starb, wurde es in Amsterdam versteigert. Die Bremer Kunsthalle erwarb die Bilder in den 70er Jahren (taz vom 7. Februar).

„Unser Ziel ist es, eine Grosz-Stiftung mit einem Museum ins Leben zu rufen“, begründete Jentsch die Forderungen. Anders als alle übrigen bedeutenden Künstler des 20. Jahrhunderts habe Grosz noch kein eigenes Ausstellungshaus. „Das wollen wir ändern.“ Das heiße nicht, die nationale Museumslandschaft umzukrempeln: Aus dem vermeintlichen Nachlass Flechtheim seien „nur zwei Bilder in deutschen Museumsbesitz“ gelangt. Beide hängen in Bremen. Bereits im vergangenen Jahr habe er die Auffassung der Erben gegenüber der Kunsthalle deutlich gemacht, so Jentsch.

Sie stützt sich auf Einträge in das „Logbuch“ von George Grosz und einen Brief von 1952. Das Journal belege, dass der Maler die Werke seinem Galeristen nur in Kommission gegeben hatte, der Brief spreche dafür, dass er sie für gestohlen hielt. „Ich bin im November angereist und habe Herrn Kreul die Dokumente gezeigt.“ Anschließend habe er Kunsthallenleiter Wulf Herzogenrath die Forderungen nebst Kopien der Dokumente schriftlich zukommen lassen. „Seither habe ich nichts gehört: Kein Anruf, keine Antwort, nichts.“

Die einzige Replik sei ein Vermerk auf einem Fax gewesen. In dem Tele-Brief hatte die mit dem Abtransport der Bilder beauftragte Spedition ihr Kommen angekündigt. Das Schreiben ging faxwendend zurück – ergänzt nur um die handschriftliche Bemerkung: „Bilder stehen nicht zur Abholung bereit“.

„Wie würden Sie denn reagieren, wenn Ihnen jemand eine Laster vor die Tür stellt“, verteidigt Kreul die Weigerung der Kunsthalle, „und irgend etwas abtransportieren will?“ Die Fronten scheinen verhärtet. Denn auch Jentsch zeigt sich „gelinde gesagt erstaunt über dieses Verhalten der Kunsthallen-Leitung“. Es passe nicht zu den von der Institution selbst erhobenen Rückgabeforderungen. „Eigentlich dürfte dort bekannt sein, wie schwer es ist, solches Eigentum zurück zu erhalten.“ Nach langwierigen Verhandlungen erwartet man in Bremen noch in diesem Jahr die Rückkehr der im 2. Weltkrieg verschleppten grafischen Sammlung.

Benno Schirrmeister