berlinale szenenAn der Garderobe

Glatzeders Notizbuch

„Abschied ...ist ein bisschen wie sterben ... ist wie alles verlieren ... wofür hab ich gelebt?“ hat sich in den Gehörgang gegraben, Gott allein weiß, warum und wer den Schneid hatte, das damals zu singen. Jedenfalls hallt es durch den Kopf, während man Winfried Glatzeder beobachten kann, der sich vom Berlinale-Empfang im Treppenhaus (!) des Berlinale-Palasts davonmachen will und eine falsche Jacke ausgehändigt bekommen hat. Das ist nicht meine, sagt Glatzeder und ist so wenig düpiert, wie man unter den gegebenen Umständen (drei Stunden Stehen im Treppenhaus oder Sitzen am Mensatisch mit leiser Swingmusik und süßem Weißwein) sein kann. Dann kriegt er doch noch seine eigene Jacke, vielleicht ist da ein kleines Notiztagebuch drin, in das er hin und wieder schreibt, mit einem echten Füller, versteht sich. „Heute Berlinale-Empfang. Habe beim Rausgehen die falsche Jacke ausgehändigt bekommen. Wer weiß, eventuell hätte ich ein ganz neues Leben anfangen können, mit neuem Namen, neuem Autoschlüssel, neuer Kreditkarte. Und total unbekannt.“ Draußen stehen aus dem Nichts plötzlich ein paar Fans um ihn herum. „Dann kamen doch noch ein paar Fans aus dem Nichts. Ist doch immer wieder rührend, wenn junge Leute einen so anhimmeln, obwohl sie gar nicht wissen, wie man in Wirklichkeit ist.“ Vielleicht steht in dem Notizbuch aber auch nur: „Fr Auto Tüv. Di Probe. Sa Weinliefer. zw. 12–16 Uhr“. Wer kann das schon sagen … JENNI ZYLKA