Der DSV hat nur das Gestern

Bei der WM in St. Moritz werden die deutschen Männer wieder das tun, was sie am besten können: der Konkurrenz hinterherfahren. Große Namen stehen nur vor der Fernsehkamera. Der Österreicher Fritz Strobl könnte das schon bald ändern

aus St. Moritz KATHRIN ZEILMANN

Das Leben kann ungerecht sein, zum Beispiel beim Skifahren – und da besonders für Deutschland. Der Deutsche Skiverband (DSV) jedenfalls wäre schon mit einem zufrieden, Österreich hat deren gleich zwei: Den Stephan und den Hermann nämlich, die sich bei der alpinen Ski-WM in St. Moritz ein recht spannendes Gerangel um die Medaillen liefern. Zum Auftakt gab es schon einmal Gold für Stephan Eberharter und Silber für Hermann Maier im Super G; die deutschen Männer werden während der ganzen WM nicht auf eine solche Ausbeute kommen.

Die besten Skirennläufer der Welt treffen sich diesmal also im Nobelort St. Moritz. Dort, wo Skifahren nur mit ausreichend Kleingeld Spaß macht, wo es glitzert und funkelt vor Reichtum und Schönheit. Aber auch, wo die Stimmung nicht unbedingt zu den aufregendsten gehört. Es geht eher beschaulich zu, Begeisterung für sportliche Höchstleistungen scheint fremd. Die Betulichkeit, so lautet die offizielle Verlautbarung des Internationalen Skiverbandes (FIS), sei durchaus so gewollt. Es müsse ja nicht immer „Ballermann“ sein wie vor zwei Jahren im österreichischen St. Anton.

Erfolgreich sind – Halligalli her, Ruhe hin – bei solchen Weltmeisterschaften ohnehin meist die Gleichen: US-Amerikaner und Österreicher. Vor allem Letztere haben gleich so viele gute Skirennläufer, dass einer davon sogar daran denkt, nach Deutschland zu wechseln, um künftig für den DSV zu Tal zu rasen. Dabei ist Joseph Strobl wirklich ein guter Abfahrer, Sechster war er bei der WM-Abfahrt 2001. Aber weil es in Österreich von guten Skirennläufern nur so wimmelt, ist er ein bisschen aufs Abstellgleis geraten: Strobl ist weder für diese WM nominiert, noch hat er jemals an Olympischen Winterspielen teilgenommen.

Im deutschen Männer-Team, das seit Jahren von guten Platzierungen träumt und schlechte einfährt, wäre Strobl wohl willkommen. Er könnte gar den Leitwolf abgeben, der, der in der Erfolgsspur vorangeht – und die anderen in seinen Sog mitzieht. Florian Eckert war auf dem bestem Weg dorthin, wo Strobl längst ist. Vor zwei Jahren bei der WM in St. Anton gewann Eckert überraschend Bronze, danach ruhten alle Hoffnungen auf den breiten Schultern des Oberbayern. Dann verletzte sich Eckert schwer, nach wie vor kann er keine Rennen fahren, wenigstens verspricht er: „Im November bin ich wieder fit.“

Das sind wenigstens ein paar gute Aussichten in einer Zeit, in der man erfolgreiche deutsche Skirennläufer nur noch im Fernsehstudio sieht: Markus Wasmeier und Christian Neureuther sind natürlich auch bei dieser WM dabei, sie drehen allerdings nur kleine Filmchen und geben ihre Analysen ab. Nostalgie kommt auch beim Slalom und Riesenslalom ein wenig auf, steht dort doch der Name Neureuther tatsächlich auch auf der Startliste: Felix Neureuther, Sohn von Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, wurde überraschend für die WM nominiert. Der 18-Jährige ist eher durch seinen Nachnamen bekannt als durch überragende Leistungen. Dass er starten darf, ist wohl als Verzweiflungstat von DSV-Trainer Martin Oßwald zu verstehen, nach dem Motto: Wenn sich schon niemand mit Ergebnissen für die WM aufgedrängt hat, dann soll wenigstens jemand starten, dem das Skifahren ja irgendwie im Blut liegen muss und der mit seinem Namen wenigstens für etwas Aufmerksamkeit sorgt. Selbst Vater Christian erkennt: „Sportlich gesehen hat er sich die Nominierung nicht verdient.“

Am Wochenende stehen nun die Abfahrts-Wettbewerbe an, heute die Männer, Sonntag die Frauen. Oßwald sagt: „Nein, ich bin realistisch“, und beantwortet damit die Frage, ob er von den deutschen Männern eine positive Überraschung erwarte. Nur gut, dass es da noch die deutschen Frauen gibt. Wenn Hilde Gerg am Sonntag eine Medaille in der Abfahrt gewänne, könnte auch der Männer-Trainer ein wenig freundlicher dreinschauen. Dann wird sich nämlich mehr über die Medaille gefreut als über seine Ratlosigkeit gewundert.