Die Banken ächzen

Deutsche Bank macht Gewinn, aber nur wegen Massenentlassungen und Firmenverkäufen. Commerzbank schmiert ab. 2002 war „Annus horribilis“

von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Dem Finanzplatz Frankfurt am Main geht es schlecht, glauben die Düsseldorfer Unternehmensberater von McKinsey zu wissen.Vor allem wegen der Ertragskrise bei den deutschen Banken. Die scheint sich jetzt zu etablieren. Die Commerzbank jedenfalls vermeldete diese Woche erstmals in der Nachkriegsgeschichte der Bank einen Verlust vor Steuern – in Höhe von 163 Millionen Euro.

Und der Branchenleader Deutsche Bank AG verbuchte für das Geschäftsjahr 2002 zwar einen Gewinn von 3,5 Milliarden Euro, wie Konzernboss Josef Ackermann gestern in Frankfurt verkündete. Der Vorstandsvorsitzende musste allerdings einräumen, dass dieser satte Bilanzgewinn nur ausgewiesen werden konnte, weil diverse Industriebeteiligungen veräußert wurden – etwa an Continental, Südzucker und Buderus. Das spülte rund 6 Milliarden Euro in die Geldspeicher der Deutschen Bank. Ansonsten wäre der Gewinn vor Steuern weit weniger üppig ausgefallen – und das trotz des massiven Stellenabbaus im vergangenen Jahr. Weltweit verloren rund 10.000 Mitarbeiter der Deutschen Bank ihre Jobs.

So aber kann die Bank eine Dividende von 1 Euro und 30 Cent an ihre Shareholder ausschütten. Die Bank verfüge nach den Massenentlassungen und der Trennung von den Industriebeteiligungen wieder über ein „effizientes und auf das Kerngeschäft fokussiertes Geschäftsmodell“, sagte Ackermann. Die Veräußerung von Industriebeteiligungen will er auch in diesem Jahr vorantreiben; Entlassungen werden weitergehen.

Ist die Deutsche Bank dann aber noch ein „Global Player“, wie es Ackermanns Vorgänger Rolf E. Breuer immer behauptet hatte? Wohl nicht (mehr). Schon mit London könne der Finanzplatz Frankfurt nicht mehr konkurrieren, heißt es in einer Studie von Finanzwissenschaftlern der Frankfurter Universität. Die deutschen Banken stünden im internationalen Vergleich „verheerend“ da und würden nur noch „am Wettbewerb um die hinteren Plätze“ teilnehmen. Zu spät hätten die Banken begonnen, ihre gewaltigen Kosten- und Strukturprobleme zu lösen, sagen auch die Experten von McKinsey. Der Aktienboom habe lange Zeit alles „überstrahlt“. Jetzt aber sei die „Frankfurter Community in Auflösung“.

Die einst renommierte Gontard-Metallbank etwa, bei der die hessische CDU lange ihr Schwarzgeld parkte, hat sich bereits 2002 aufgelöst. Und es kursieren Gerüchte, dass die schwer angeschlagene Commerzbank bald von der Münchener HypoVereinsbank „geschluckt“ werde. Vorstandschef Klaus-Peter Müller dementiert (noch). 2003 sollen bei der Commerzbank noch einmal bis zu 3.000 Stellen abgebaut werden. Das vergangene Jahr nennt er „Annus horribilis“. 2003 könne es nur besser werden.

„Gesundbeterei“ nennen das Börsianer, die mit dem schleichenden Bedeutungsverlust der großen deutschen Banken im internationalen Wettbewerb gleich ihre eigene Abwertung – und die ihrer Institution Deutsche Börse AG – kommen sehen. Seit der gescheiterten Fusion mit London kämpft die Börse auf dem Kontinent ohnehin um ihre europäische Reputation – mit Paris. Die Wirtschaftswissenschaftler der Universität empfehlen, die Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) von Bonn nach Frankfurt am Main zu verlagern. Und die acht Regionalbörsen in Deutschland seien umgehend der Frankfurter Börse zu unterstellen. Ein „Pfund“ aber habe die Mainmetropole noch: die Europäische Zentralbank.