Die Heimkehr des Ex-Ministranten

Außenminister Fischer besucht in Rom seinen engsten Verbündeten in der Irakfrage – den Heiligen Vater

ROM taz ■ Zeitreisen gehören in diesen Tagen zu Joschka Fischers Programm. 30 Jahre zurück ging's dank US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der Deutschland schon an der Seite von Libyen und Kuba sieht – so als treibe sich Fischer immer noch auf PLO-Solidaritätstreffen herum. Noch weiter zurück in die Vergangenheit durfte er sich dann am gestrigen Freitag versetzt sehen: Da traf Fischer in Rom den Papst zu einem Gespräch, in dem der Ex-Ministrant und der Heilige Vater Übereinstimmung auf ganzer Linie entdeckten.

Fischer bilanzierte anschließend, beide seien von tiefer Sorge über die humanitären Konsequenzen eines Krieges und dessen Folgen für die Stabilität der Region erfüllt. Über eine mögliche Abstimmung zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl zu diplomatischen Initiativen wollte er sich aber ebenso wenig äußern wie zu anderen Details der Gespräche mit dem Papst sowie mit diversen Kurienkardinälen. Es sei nun am Irak, so Fischer, durch die vollständige Umsetzung der UN-Resolution 1441 die Kriegsgefahr zu bannen. Die angelaufenen Inspektionen hätten das Risiko eines irakischen Missbrauchs von Massenvernichtungswaffen bereits deutlich gesenkt.

Sosehr sich Fischer in Rom über den Gleichklang mit dem Vatikan freuen durfte, so wenig Beifall erhielt er für diese Position von den Vertretern der italienischen Regierung. Zwar sprach Fischer mit allen, die Rang und Namen haben – von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi über Außenminister Franco Frattini und Kammerpräsident Pierferdinando Casini bis zu den Oppositionsführern Francesco Rutelli und Piero Fassino. Zwar durfte der Außenminister sich auch über die nette Geste Berlusconis freuen, der spontan bei Fischers Gespräch mit seinem italienischen Kollegen vorbeischaute.

Aber das war auch schon alles. „Auf der Grundlage unserer jeweiligen Standpunkte“ hätten beide Seiten miteinander gesprochen, meinte Fischer, und den Regierungen Deutschlands wie Italiens gehe es darum, „aufgekommene Irritationen im europäischen Geist zu überwinden“. Da aber Berlusconi Italien spätestens mit dem „Appell der acht“ auf den Kurs der USA eingeschworen hat, wusste Fischer an Gemeinsamkeiten nicht mehr zu benennen als den Wunsch, die Resolution 1441 umgesetzt zu sehen. Und natürlich war man sich einig, „wie wichtig es ist, dass wir als europäisches Projekt vorankommen“ – von dem in Rom denkbar wenig zu sehen war. MICHAEL BRAUN