Gutes Achten, miese Meinung

Engere Grenzen im politischen Meinungsstreit hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gezogen. In einer jetzt veröffentlichten Entscheidung kam es zu der Auffassung, die schleswig-holsteinische FDP habe den Bremer Epidemiologen Prof. Eberhard Greiser durch unzulässige Behauptungen „in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt“. Greiser hatte 1997 im Auftrag der rot-grünen Landesregierung eine Untersuchung über gehäufte Leukämie-Erkrankungen im Umfeld des AKW Krümmel erstellt. Die FDP-Abgeordnete Christel Happach-Kasan hatte Greiser daraufhin unterstellt, bei ihm ließen sich „Studien in Auftrag geben, deren Ergebnisse“ von vornherein feststünden. Greiser würde „zuverlässig“ ermitteln, dass „eine vermutete Umweltbelastung negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat“. Zudem vermutete sie ein Spiel „mit gezinkten Karten“ zwischen Gutachter und rot-grünem Auftraggeber: „Die Glaubwürdigkeit der Politiker, die sich Wissenschaftler mit dem Geld der Steuerzahler kaufen, und der Wissenschaft, die sich kaufen lässt, geht zu Bruch.“

Gegen diesen „ungeheuerlichen Vorwurf“, er sei käuflich, klagte Greiser und errang Teilerfolge vor dem Landgericht Kiel und dem Oberlandesgericht Schleswig. Nach fast fünf Jahre währendem Rechtsstreit gab nun das BVerfG Greiser in vollem Umfang Recht. Eine „mit erwiesen unwahren Behauptungen vermengte Meinung“ sei nicht schutzwürdig und würde im vorliegenden Fall Greisers „gesellschaftliches Ansehen mindern“. Greisers Hamburger Anwalt Sven Krüger begrüßte diese „notwendige Klarstellung“ im politischen Meinungsstreit. Der Abschlussbericht der Leukämiestudie wird übrigens am 9. April in Kiel auf einem wissenschaftlichen Symposium vorgestellt und diskutiert. smv