berlinale szenen Voll abgestimmt

All you can eat

Heißa, es gibt Stundenpläne! Denn die Zeit der Berlinale ist verwaltete Zeit. Wer akkreditiert ist, geschickt Termine zusammenlegt und das Arsenal mit seiner exzentrischen Türsteherpolitik meidet – dort gilt der rote Tagespresse-Badge nichts –, der kann während der elf Festivaltage 70 Filme schaffen. Nichts geht verloren. Ein solches Glücksgefühl gibt es sonst nur in „All you can eat“-Restaurants. Wie beim übermäßigen Essen ist aber auch hier Kondition gefragt. Wer zu früh mit sieben Vorstellungen durchstartet und sich schon am ersten Wochenende zweimal hintereinander die Mitternachts-Reihe im Delphi gibt, hat bereits am Montag einen Berlinale-Kater. Außerdem gehen nicht wenige zu Beginn wahllos in jeden Film, der gerade läuft. Hat man aber zwei Dokumentationen über fremd gewordene Freunde in Usbekistan oder das Altern von Müttern in französischen Dörfern hinter sich gebracht, ist man zu depressiv gestimmt, um sich noch für Clooney & Co. begeistern zu können. Mir kann das nicht passieren. Ich habe wie jedes Jahr einen Stundenplan, der voll auf meinen Biorhythmus abgestimmt ist. Deshalb muss ich mich auch beeilen, gleich beginnt eine zweieinhalbstündige Dokumentation über Bernd aus Golzow, der mit seinem Vater Angelurlaub in Norwegen macht, danach 155 Minuten Mitternachtsdrama aus Indien, im Delphi. Ach ja, hat noch jemand Karten für den neuen Film von George Clooney? HARALD FRICKE