montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Deutschland, was ist mit diesem Land los? Sehen wir ins Antlitz des Außenministers. Im UN-Sicherheitsrat sitzt Fischer und zeigt einer Milliarde Fernsehzuschauern in aller Welt das Gesicht seines Landes: Deutschland, ein zahnloser Tiger, der Kreide gefressen hat. Aber eben auch ein europäischer Tigerstaat, der den Finger in Wunden legt, die andere gern unter den fliegenden Teppich kehren. Ein solches Auftreten isoliert, ionisiert und ironisiert das Zentrum des alten Europas. Früher, 1968, als auch ich leider noch zu den Linken gehörte, da hielten wir es mit dem philosophischen Satz, nachdem die Natur nichts Überflüssiges tut: „Natura nihil facit supervacaneum“, wie Arthur Schopenhauer treffend präzisierte: „Natürlich machen nur Nihilisten Superferien“. Ferien, Freizeit, Fernbleiben vom Weltgeschehen, das tut Deutschlands Ansehen in der Welt nicht gut. Die Falten in Fischers Gesicht sind der Spiegel eines tiefen Abgrunds, in dem ein angebissenes Danaergeschenk aus Holz lauert.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.