Wenn Pfandkassen klingeln

Regelmäßig stellen wir an dieser Stelle aktuelle Werte aus dem Natur-Aktien-Index (NAI) vor. Heute: der norwegische Hersteller von Pfandautomaten und Flaschenrücknahmesystemen Tomra Systems

Seit einigen Wochen klingelt vor allem ein Name in der Ökoanleger Ohren: Tomra Systems ASA (Wertpapierkennnummer 872 535). Das norwegische Unternehmen ist seit Einführung des Natur-Aktien-Index (NAI) darin vertreten und als Entsorger sowie Umwelttechnologie-Dienstleister tätig. Der Grund des Getöses um diese Firma liegt darin, dass sich Umweltminister Jürgen Trittin allen Unkenrufen zum Trotz politisch als stark genug erwiesen hat, die bereits von Exumweltminister Klaus Töpfer gesetzlich festgeschriebene Rücknahmepflicht von Dosen gegen alle Macht der Industrie- und Händlerlobby durchzusetzen. Bei der Suche nach einem bundesweit einheitlichen Standard für die Dosenentsorgung wurde Tomra eine ganze Weile als Favorit gehandelt. Daneben machte sich unter anderem die RWE-Tochter Deutsche Pfand AG Hoffnung, den Zuschlag zu bekommen, wohingegen jetzt die CCR Logistics AG aufschließen könnte (s. Anlagenseite vom 3. 2.).

Tomra baut und entwickelt hauptsächlich Rücknahmesysteme für Getränkepfand- und Getränkeeinwegverpackungen. Das Unternehmen wurde 1972 gegründet, um „der Welt beim Recycling zu helfen“, heißt es beim hannoverschen Institut imug investment research, das die Unternehmensprofile für den NAI erstellt. Da sich Tomra als Komplettanbieter in Sachen Verpackungsrücknahme positionierte, verteilt sich der Umsatz laut imug auf mehrere Geschäftsbereiche: Verkauf und Leasing (26 Prozent), Service (15 Prozent) Material (40 Prozent), Recycling Center (14 Prozent) sowie Verwaltung und Marketing (4 Prozent). Tomra ist sowohl auf dem nordamerikanischen als auch auf dem europäischen Markt tätig und in beiden Regionen „mit weitem Abstand“ Marktführer. Auch in Südamerika fasst man Fuß. Die Rücknahmeautomaten werden in den skandinavischen Ländern Norwegen und Finnland produziert, vertrieben wird über Tochtergesellschaften in den jeweiligen Ländern.

Imug bescheinigte der Entsorgungsbranche schon im vergangenen Jahr ein „hohes Wachstumspotenzial“, da nicht nur die Bundesrepublik in Sachen Rücknahmeverordnungen von Getränkeverpackungen aktiv sei, sondern auch in anderen Ländern darüber nachgedacht werde. Zwar sei aus ökologischer Sicht das Vermeiden von Verpackungen einem Recycling vorzuziehen. Diesem Argument aber, so imug, stehe „ein entgegengesetztes Konsumverhalten gegenüber“, das es erfordere, „die anfallenden Abfallmengen über den Weg eines intelligenten Recyclings zu begrenzen und einen möglichst hohen Grad der Wiederverwendung zu erreichen“. Weltweite Trends hinsichtlich einer Verdrängung der Mehrweg- durch Einweggebinde sowie zur steigenden Nachfrage nach PET-Flaschen in allen Getränkesegmenten machten es notwendig, die Wiederverwertung besser zu steuern und zu koordinieren. Alle von Tomra produzierten Rücknahmeautomaten dienten ausschließlich diesem Zweck und „tragen im Rahmen einer Second-best-Lösung zu einem umweltfreundlichen Umgang mit den anfallenden Verpackungsmaterialien bei“.

Die Norweger haben nach imug-Erkenntnissen in beiden Produktionsstandorten ein Umweltmanagementsystem eingeführt. Die modulare Bauweise der Geräte „gewährleisten eine lange Lebensdauer bis zu 23 Jahren“ sowie eine „problemlose Anpassung an geänderte Bedürfnisse während der Betriebsphase“. Zwar gebe es seitens Tomra keine Rücknahmegarantie, doch gelangten in Europa 35 Prozent und in den USA 50 Prozent der Geräte zum Hersteller zurück. Am Ende des Lebenszyklus müsse ein Gewichtsanteil der Automaten von 5 bis 10 Prozent entsorgt werden.

Auch bei der Beschaffung und beim Verbrauch des Materials sowie beim Transport werde versucht, gemeinsam mit den Zulieferern ökologische Belange zu berücksichtigen. Die Mitarbeiter nehmen seit 1998 an „einem Umweltausbildungsprogramm teil und werden dadurch für umweltrelevante Fragestellungen sensibilisiert“, so das Institut Markt-Umwelt-Gesellschaft.

Außer der Schulung in Sachen Umweltschutz und Ökologie würden alle Beschäftigten – 2001 zählte man immerhin gut 1.900 Mitarbeiter – an Weiterbildungsmaßnahmen beteiligt. Für norwegische Mitarbeiter mit mindestens einer halben Stelle gewähre Tomra eine betriebliche Alterssicherung, zudem Gewinn- und Aktienbeteiligungen. Die Geschäftsleitung bestehe zu 20 Prozent aus Frauen, wenngleich es besondere Förderprogramme für Frauen nicht gebe.

Der Grad der gewerkschaftlichen Organisierung der Mitarbeiter ist mit 4 Prozent eher gering, eine explizite Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit konnte jedoch nicht festgestellt werden. Dies ist eines der strengen Ausschlusskriterien beim NAI, über das die amerikanische Naturkost-Handelskette Whole Foods vor Jahresfrist stolperte. Auch anders geartete Verstöße gegen NAI-Kriterien gab es bei imug nicht. ANDREAS LOHSE

www.tomra.com Das Institut Markt-Umwelt-Gesellschaft (imug) ist der Universität Hannover angeschlossen und arbeitet im Bereich Research und Nachhaltigkeitsfonds. Telefon (05 11) 9 11 15-0, www.imug.de