Pufferzonen für gebeutelte Fußgänger

EU will Autos erstmals auf Sicherheit für Fußgänger testen. Bisher wurde Autofahren nur für Insassen sicherer

BERLIN taz ■ Sicherheit von Autos – bisher ging es dabei fast immer um die Insassen. Das soll sich jetzt ändern: Zum ersten Mal soll eine EU-Vorschrift dafür sorgen, dass die Gefahr, die von den knapp 185 Millionen Blechkarossen in der Union für Radfahrer und Fußgänger ausgeht, gemindert wird. Heute will das EU-Parlament über einen Vorschlag der EU-Kommission beraten.

Jedes Jahr kommen in Europa rund 8.000 Fußgänger und Radfahrer bei Verkehrsunfällen ums Leben, 300.000 werden verletzt. Vor allem vor harten Motorhauben, Kotflügeln, Stoßstangen und Windschutzscheiben sollen die schwächeren Verkehrsteilnehmer nun europaweit – zumindest besser – geschützt werden: Ab 2005, so sieht es der bisherige Entwurf vor, müssen Autos deshalb Crash-Tests bestehen. So soll geprüft werden, wie schwer Kopf und Beine im Falle eines Unfalls verletzt werden. Nach Angaben der EU-Kommission sollen die Grenzwerte dabei so festgelegt werden, dass bei Geschwindigkeiten von weniger als 40 Kilometern pro Stunde die Schwere der Verletzungen, trifft jemand frontal auf ein Auto, „erheblich vermindert“ wird. Ab 2010 sollen die Anforderungen dann verschärft werden.

Seit mehr als zehn Jahren fordern mehrere EU-Regierungen und das EU-Parlament eine gesetzliche Regelung. Die Selbstverpflichtungen, die Verbände der Autobranche aus der EU, Japan und Korea dann 2001 schlossen, ging ihnen nicht weit genug – etwa die Zusage der Autoindustrie, alle neuen Kraftfahrzeuge ab 2004 mit einem Antiblockiersystem auszurüsten.

Der jetzige Vorstoß kommt für die Automobilbranche wenig überraschend. So stellte Ford bereits im vergangenen Jahr einen Wagen vor, mit dem in Zukunft für mehr Sicherheit gesorgt werden könnte: Im Falle eines Aufpralles stellt sich die Motorhaube – mit zwei Sensoren ausgerüstet – leicht auf. Es entsteht sozusagen eine Pufferzone, der Passant schlägt nicht knallhart auf den Motorblock auf. Eine Stoßstange aus weicheren Materialien, zudem tiefer angebracht, soll darüber hinaus verhindern, dass die Knochen zerschmettert werden. Und das Glas der Scheinwerfer fällt bei einem Zusammenstoß nach innen, es zerbirst nicht, sodass Schnittwunden verhindert werden. Allerdings: Was die Ford-Ingenieure sich da bisher ausgedacht haben, wird bisher bei keinem Serienmodell angewendet. Schließlich sind die Autokäufer selbst nicht die Betroffenen – und daher auch nicht bereit, erheblich mehr Geld für ihren Wagen auszugeben. Dies ist auch der Grund, warum sich bei der Sicherheit für Autoinsassen in den letzten 30 Jahren enorm viel getan hat – für die Fußgänger und Radfahrer indes vergleichsweise wenig.

An eine Gefahr, der Fußgänger und Radfahrer im dichten Stadtverkehr immer mehr ausgesetzt sind, traut sich aber die Kommission offenbar nicht heran: die Kuhfänger an Geländewagen. Der starre Frontbügel, der ursprünglich zur Abwehr schwerer Tiere gedacht war, wird vor allem Kindern unter 1,20 Meter Größe leicht zum Verhängnis.

HANNA GERSMANN