Schwarz ist eine anziehende Farbe

Grüne plädieren für Revision der rot-grünen Finanzpolitik. Finanzexpertin Christine Scheel will Steuersenkungen 2004und 2005 auf einen Termin zusammenlegen, um Aufbruchsignal zu geben. Eichel und SPD dagegen, Union nicht abgeneigt

von HANNES KOCH

Die Grünen haben eine Neudefinition ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik eingeleitet. Es sei „durchaus überlegenswert“, die bislang für 2004 und 2005 geplanten Stufen der Steuerreform in einem Termin zusammenzufassen, sagte die grüne Finanzexpertin Christine Scheel gestern der taz. Als mögliches Datum nannte sie den Januar 2004.

Bisher plant die rot-grüne Regierung, die Sätze der Einkommensteuer in zwei weiteren Stufen Anfang 2004 und 2005 zu senken. Damit einher ging bisher die Absicht, beim Bundeshaushalt 2006 im Wesentlichen ohne neue Schulden auszukommen. Mit der Richtungsänderung der Grünen vergrößert sich nun der Abstand zum Koalitionspartner SPD. Die Nähe zur oppositionellen Union nimmt hingegen zu. Auch die grüne Gesundheitsexpertin Birgitt Bender hatte am Wochenende Gemeinsamkeiten mit der Union betont. Nachdem die Union durch die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen ihre Blockade-Mehrheit im Bundesrat vergrößert hat, sind die Grünen offenbar bestrebt, durch Kompromissangebote an die Bundestagsopposition neuen Bewegungsspielraum zu erlangen.

Scheel sagte, es gebe noch „keinen Beschluss der Fraktion“ über die neue Ausrichtung der Finanzpolitik. Es existierten jedoch verbreitete Überlegungen, wie „ein klares Steuersenkungssignal“ ausgesandt werden könne. Laut Scheel geht es darum, die schlechte Stimmung der Bürger und Unternehmen zu überwinden. In ähnliche Richtung hatte sich die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Antje Hermenau, geäußert.

Für Finanzminister Hans Eichel (SPD) sei die Zusammenlegung der beiden Stufen der Steuerreform „kein Thema“, erklärte sein Sprecher. Auch in der SPD-Fraktion hat sich bisher niemand dafür stark gemacht. Anders bei der Union: CDU-Finanzexperte Dietrich Austermann brachte die Steuerkombination letzte Woche als Kompromisslinie mit Rot-Grün ins Gespräch.

Scheel verwahrte sich dagegen, den Kurs der Haushaltskonsolidierung aufgeben zu wollen. Die kombinierte Steuersenkung würde zwar Einnahmeverluste bringen, könnte aber zumindest teilweise durch höhere Einnahmen gegenfinanziert werden, die Rot-Grün im Bundeshaushalt 2003 beschließe. Der neue Vorschlag der Grünen bedeute deshalb keine Absage an das Ziel, den Haushalt bis 2006 auszugleichen oder die Verschuldungsgrenze des Maatsricht-Vertrages einzuhalten. Neben dem steuerpolitischen Signal müssten nun die Mittelstandsoffensive und die geplante Senkung der Lohnnebenkosten durchgesetzt werden, sagte Scheel. Das steuerpolitische Konzept der SPD-Linken, nur untere und mittlere Einkommensschichten zu entlasten, lehnte sie ab. Das würde den Mittelstand einer zu hohen Progression unterwerfen.

Währenddessen warnte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) davor, auf partielle Bündnisse mit der Union zu spekulieren. Rot-Grün dürfe sich nicht darauf einlassen, mit wechselnden Mehrheiten zu regieren.