Kein SPD-Sonderparteitag

SPD-Vorstand debattiert die Forderungen der Linken: Kritik an Superminister Clements Einzelvorschlägen

BERLIN taz ■ Die SPD wird keinen Sonderparteitag abhalten, um über ihren Kurs zu debattieren. Die Partei-Linke verzichtete gestern auf einen entsprechenden Antrag, nachdem die Bremer Sozialdemokraten dargelegt hatten, dass ein Sonderparteitag kurz vor der Bürgerschaftswahl im Mai „nicht günstig“ sei.

Stattdessen segnete der SPD-Vorstand den Vorschlag der Berliner Parteizentrale ab, einen „makroökonomischen Dialog“ zu starten. Am 1. Juli wird eine „internationale Wirtschaftstagung“ stattfinden; „zwei interne Hearings“ und „Fraktionsabende“ mit Experten und Journalisten sollen diesen SPD-Kongress vorbereiten. Die SPD-Linken sind dennoch zufrieden. Bei der gestrigen Vorstandssitzung habe sich der Bundeskanzler „deutlich bewegt“, sagte Vorstandsmitglied Andrea Nahles der taz. So habe Gerhard Schröder eingeräumt, dass die Debatte um eine höhere Neuverschuldung berechtigt sei.

Gleichzeitig habe der Kanzler nicht dementiert, dass Finanzminister Hans Eichel bereits mit Frankreich und Großbritanien über eine Lockerung des Euro-Stabilitätspakts verhandele. Das bestätigte auch das linke Vorstandsmitglied Hermann Scheer gegenüber der taz.

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz hingegen dementierte gestern, dass sich die Positionen im Parteivorstand verschoben hätten. Man bleibe auf dem „Kurs der soliden Haushaltspolitik“. Das Papier der Linken kommentierte er nur als „berechtigten Diskussionsbeitrag“.

Allerdings räumte der Generalsekretär ein, dass ein möglicher Irakkrieg die Konsolidierung der Staatsfinanzen gefährden könnte.

Wie Sitzungsteilnehmer berichten, war man sich im Vorstand einig, dass Wirtschaftsminister Wolfgang Clement künftig seine „Einzelvorschläge ohne Gesamtkonzept“ unterlassen solle. Dies richtete sich vor allem gegen seine wiederholten Vorstöße, den Kündigungsschutz zu lockern.

Letzte Woche hatten fünf führende SPD-Linke ein Positionspapier verfasst, in dem sie vor allem mehr staatliche Investitionen forderten sowie eine vorgezogene Reduzierung des Eingangssteuersatzes. Beides sollte die Binnennachfrage stärken und über neue Staatsschulden finanziert werden. Allerdings verzichteten die Autoren gestern darauf, ihr Papier im SPD-Parteivorstand auch abstimmen zu lassen. U.H.