Struck feuerfest

Verteidigungsminister weilt zur feierlichen Kommandoübergabe derIsaf in Kabul, während beim Bundeswehr-Camp Raketen einschlagen

BERLIN/KABUL taz/rtr ■ Der Beschuss des deutschen Militärlagers „Camp Warehouse“ in Kabul hat erneut die Risiken des Einsatzes der internationalen Friedenstruppe Isaf gezeigt und verdeutlicht, dass Afghanistan noch längst nicht befriedet ist. Bei dem Beschuss mit zwei Raketen während des Besuches von Bundesverteidigungsminister Peter Struck in dem Camp wurde am gestrigen frühen Abend niemand verletzt.

Die Raketen verfehlten wie schon in früheren Fällen ihr Ziel um mehrere hundert Meter. Laut Bundesverteidigungsministerium in Berlin entstand auch kein Sachschaden. Vorsichtshalber wurden in dem Camp die Lichter gelöscht. Der Minister und die Soldaten suchten zum Teil in Splitterschutzwesten Unterstände auf. Zuvor hatte der Bundesnachrichtendienst (BND) vor Anschlägen gewarnt. Struck hatte noch kurz zuvor die Gefahr für sich selbst heruntergespielt. Er fliegt heute nach Berlin zurück.

In den vergangenen zwölf Monaten gab es über ein Dutzend Angriffe mit einzelnen Raketen in Kabul und Umgebung sowie auf Stützpunkte amerikanischer Truppen vor allem im Osten des Landes. Allen Angriffen war gemeinsam, dass die Ziele verfehlt wurden. Manchmal war die Abweichung so groß, dass über das Ziel nur spekuliert werden konnte. So hätten im Juni während der Großen Ratsversammlung (Loja Dschirga) sowohl die US-Botschaft, das Isaf-Hauptquartier oder der Präsidentenpalast Ziel einer Rakete sein können, die, ohne Schäden anzurichten, in der Stadt einschlug.

Das deutsche „Camp Warehouse“ ist ein ehemaliger Bauhof und liegt in einem zerstörten Industriegebiet an der östlichen Ausfallstraße Richtung Dschalalabad. Das Gelände wurde in den vergangenen Monaten immer stärker befestigt und verfügt inzwischen über bunkerähnliche Unterstände. Auf dem Gelände ist das Hauptkontingent der jetzt 2.500 deutschen und 700 niederländischen Soldaten untergebracht, die gestern gemeinsam das Kommando über die Friedenstruppe übernahmen. Auf dem Gelände untergebracht sind auch kleinere Kontingente aus Dänemark, Österreich, Rumänien und anderen Nationen. In der Nähe gibt es zahlreiche Militäreinrichtungen, doch sind auch die Berge nicht weit, von wo aus fast jeder Punkt der Stadt beschossen werden kann. Kabul war schon in der sowjetischen Besatzung und im Bürgerkrieg kaum zu verteidigen, aber leicht zu beschießen.

Die afghanische Regierung sprach sich gestern für die Verlängerung des Mandats der 4.500-köpfigen Isaf-Truppe über 2003 hinaus aus. Präsident Hamid Karsai sagte bei der Zeremonie zur Übergabe des Kommandos in der deutschen Amani-Schule im Zentrum der Stadt: „Die Menschen in Kabul fühlen, dass die Straßen sicherer sind, wenn Sie da sind.“ Deutsche und Niederländer übernahmen das Kommando von der Türkei für zunächst sechs bis acht Monate. Wer danach folgt, ist unklar.

In letzter Zeit häuften sich bewaffnete Zwischenfälle. Es wird befürchtet, dass ein Krieg gegen Irak Anlass für radikale Kräfte sein könnte, amerikanische und Isaf-Soldaten verstärkt anzugreifen. Zudem gibt es Hinweise, dass sich Kämpfer des Warlords Gulbuddin Hekmatyar mit denen der Taliban und von al-Qaida verbünden. HAN