Wie Wikinger mit Conditioner in der Mähne

The Datsuns scheinen per Zeitmaschine direkt aus den 70ern zu kommen. Angeberisch, ausufernd, großkotzig. Passt prima in unsere Zeit, oder?

Vom streng schwarz-weißen Cover des selbst betitelten Debütalbums bis zum ellenlang gewichsten Gitarrensolo weist alles an The Datsuns weit in die Vergangenheit. Das Quartett aus Neuseeland lässt alte Zeiten wiederaufleben, in denen Männer noch richtige Männer waren und ein Hardrock-Riff kein Grund, sich zu schämen. Das tun sie so erfolgreich, dass sie prompt auf den Titelseiten der englischen Musik-Weeklies landeten.

Um ihre Unterschrift unter einen Plattenvertrag setzte vergangenen Sommer ein Wettsteigern zwischen den Major-Labels ein, wie man es seit den seligen Zeiten der Sex Pistols selten erlebt hatte. Finanziell abgesichert sind sie also, aber der „Mutterficker aus der Hölle“ (Songtitel „MF from Hell“) wird weiter mit gleicher Verve besungen wie Gitarrensaiten und Schlagzeugfelle neuen Belastungsproben ausgesetzt. Und vom hysterischen Kreischen von Sänger Dolf de Datsun fehlt nicht mehr viel bis zu den trommelfellplagenden Eunuchengesängen des übelsten Heavy Metal der 70er.

Allerdings: Was hier beschworen wird, ist weniger das real existierende Jahrzehnt, sondern eher eine idealtypische Vorstellung davon. Das ganze Unternehmen The Datsuns erinnert ein wenig an historisierende Filme: Die Lampenschirme und Tapetenmuster sind alle original, aber halt auch heute modern. Erst wenn man die alten Filme sieht, merkt man, dass der Ausstatter die hässliche Hälfte der Vergangenheit weggelassen hat. Auch Wikinger und Barbaren dürften zu ihrer Zeit kaum Conditioner-gestählte Frisuren gehabt haben.

So klingen die Datsuns denn mitunter tatsächlich wie eine Umsetzung des Großelterngrundsatzes „Nichts gegen lange Haare, Hauptsache, sie sind gepflegt“. Denn trotz aller unguten Erinnerungen an die 70er gelingt es ihnen, nicht Retro-Rockern wie den Black Crowes, sondern dem cool verbuchten Neo-Rock um Bands wie Hives oder Strokes zugeordnet zu werden. Wie sie das schaffen, bleibt allerdings schleierhaft. Schließlich hatten sie für ihr Album gar versucht, den im Ruhestand befindlichen Jon Lord, dereinst Keyboarder von Deep Purple und verantwortlich für einige üble Rock-goes-Classic-Versuche, zu reaktivieren. Auch ohne ihn sind die Songs immer noch ausufernd und selbstgefällig ausgefallen, der Sound angeberisch und großkotzig. Die Attitüde wirkt wie eine Pose, und das 70er-Revival wurde ja nun auch schon wieder vom 80er-Revival hinweggefegt. Trotzdem klingen die Datsuns und ihr zugegebenermaßen ziemlich abgehender Schweinerock halbwegs modern. Oder klingen nur die modernen Zeiten allzu altmodisch? Wer weiß. Eins ist jedenfalls mal sicher: Momentan werden gerade wieder alte Platten von Uriah Heep veröffentlicht. Das wäre doch gar nicht nötig gewesen, jetzt, da wir die Datsuns haben.

THOMAS WINKLER

The Datsuns spielen Freitag (!), 14. Februar, um 21 Uhr im Knaack