Die Lehre kommt noch

Seit einem Jahr ist die Universität Göttingen eine Elite-Uni. 74 Millionen Euro Fördergelder fließen seitdem in die Forschung. Den Göttingern reicht das nicht: Sie wollen auch die Lehre verbessern

Von UTA GENSICHEN

Vor einem Jahr bekam die Universität Göttingen den Zuschlag für Gelder aus dem Fördertopf der Exzellenzinitiative. Die deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat suchten damals „Leuchttürme der Wissenschaft“, 1,9 Milliarden Euro wurden für die Unis mit dem größten Zukunftspotenzial bereitgestellt. Bis 2012 bekommt die Göttinger Georg-August-Universität 74 Millionen Euro. Deshalb ist sie die einzige so genannte Elite-Universität in Norddeutschland. Für Universiätspräsident Kurt von Figura ist es für diesen Titel allerdings noch zu früh: „Wir sind keine Elite-Universität. In Deutschland gehört zurzeit keine Universität zur Elite“, sagt er.

Laut eines aktuellen britischen Rankings zählen gerade mal elf deutsche Unis zu den weltweit 200 besten. Während Heidelberg auf Platz 57 steht, dümpelt Göttingen nur auf Platz 166. „Wir befinden uns auf dem Weg“, heißt es in der Georgia Augusta. Die Gelder von Bund und Land sind dafür vorgesehen, an den jeweils geförderten Unis die Forschung zu unterstützen. In Göttingen war ein erster Schritt auf dem Weg zur Elite-Uni beispielsweise, 15 neue Juniorprofessoren einzustellen. Auch Projekte wie das geisteswissenschaftliche Lichtenbergkolleg wurden mit dem Geld von Bund und Land angeschoben.

Prägend bleibt die Fokussierung auf den Bereich Forschung, die Lehre wird von der millionenschweren Exzellenzinitiative nicht gefördert. Genügen also neue, international bekannte Dozenten und Auslandsprojekte, um sich Elite-Uni nennen zu dürfen? Selbst die besagte britische Studie schaut bei ihren Umfragen in erster Linie nach der internationalen Reputation von Uni und Mitarbeitern. Die Qualität der Lehre indes wird nur mit 20 Prozent gewichtet.

Ob aber ein Professor sein Fachwissen gut vermitteln könne, sei „eine ganz andere Frage“, sagt die Vorsitzende des Göttinger Studierendenausschusses, Silja-Katharina Haufe. Für die Universität stand deshalb fest, dass die Exzellenzinitiative nur mit einer einhergehenden Umstrukturierung der Lehre zu machen sei, erklärt der Vizepräsident und Vorsitzender der Kommission für Studium und Lehre, Wolfgang Lücke.

Wie an anderen Hochschulstandorten auch, gebe es in Göttingen mitunter Probleme bei der Umstellung auf den Bachelor. Das neue Studium stehe zum Beispiel der Mobilität im Weg, also der Lust der Studenten, Auslandserfahrungen zu sammeln. „Wir wollen herausbekommen, woran das liegt“, sagt Lücke. Aber auch ganz alltägliche Probleme, wie die Betreuung von Kindern, Fragen zum Studium oder das lange Warten auf Prüfungsergebnisse will Lücke zusammen mit Studenten in einem weitreichenden Projekt lösen.

Das Geld dafür stamme aus den Studienbeiträgen, immerhin 500 Euro pro Semester. „Man kann gar nicht hoch genug einschätzen, was das für eine Verpflichtung für die Uni ist“, sagt der Vizepräsident. Nicht nur moderne Hörsäle oder Beamer machen eine Hochschule aus, sondern vielmehr etwas „Substantielles“, sagt er.

Was das ist, hat Lücke in Gesprächen und Abstimmungen mit Studierenden herausgefunden. Ein Ergebnis ist der Bau eines Gebäudes, zu dem nur Hochschüler Zutritt haben, um dort zu lernen. Außerdem bereitet sich der Arbeitskreis Hochschuldidaktik auf seine zukünftigen Aufgaben vor. Schließlich sollen Dozenten und wissenschaftlicher Nachwuchs nicht nur ihr Fachgebiet beherrschen, sondern auch die Techniken des Lehrens.

Noch laufen die Vorbereitungen für die universitätsweite Verbesserung der Studienbedingungen. Spätestens in einem Jahr, wenn die Pläne der Arbeitsgruppen stehen und die Mitarbeiter geschult worden sind, sollen die Maßnahmen greifen, verspricht Lücke. Dieses „Tuning“ sei man den Studenten schuldig. „Sie sollen mitbestimmen, was mit ihrem Geld passiert.“