Die Autoindustrie trickst Trittin aus

Studie des Umweltbundesamts: Lkw-Motoren haben höhere Abgaswerte als erlaubt, weil Hersteller die Motoren manipulieren. Bundesumweltminister Trittin reagiert mit bitterbösem Brief an die Autoindustrie. Die weist alle Vorwürfe zurück

von HANNA GERSMANN

Dicke Luft zwischen dem Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und dem Präsidenten des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) Professor Bernd Gottschalk. Der Grund: Die Lkw-Branche trickst bei den Abgaswerten. Das hat jetzt eine Untersuchung des Umweltbundesamtes im Auftrag des Ministers ergeben. Doch als der vom Ergebnis der Studie irritierte Trittin den Obersten der Fahrzeugbauer zum Gespräch lädt, sagt der kurzfristig ab. So die Version des Bundesumweltministers. Die Version Eckehart Rotters, Sprecher des VDA: „Es hat niemals eine Einladung gegeben. Die Ergebnisse der Studie haben wir nicht gesehen.“ Wie dem auch sei – Trittin jedenfalls schreibt Gottschalk einen bösen Brief, wirft ihm „gebrochene Zusage“ und „Vertrauensschaden“ vor.

Denn Brummis halten die geltenden Abgasgrenzwerte nur ein, wenn sie auf den Prüfständen der Zulassungsstellen, wie des TÜV, getestet werden. Sind sie erst einmal auf der Straße, schleudern sie viel mehr Dreck in die Luft: So erzeugen die Motoren während der Fahrt bis zu 30 Prozent mehr Stickoxide als erlaubt. Das aber, so Trittins Vorwurf jetzt, liegt nicht an einem Fehler bei den Tests für die Zulassung. Vielmehr basteln die Hersteller an der Elektronik des Motors – frisieren ihre Lastwagen wie Mofas. So mindern sie den Kraftstoffverbrauch und verkaufen ihre Fahrzeuge dann besser. Den höheren Schadstoffausstoß nehmen sie dafür in Kauf .

Brummifahrer müssen weniger tanken und zugleich weniger Kraftfahrzeugsteuer zahlen. Die steigt – wie bei Personenautos, nur nicht ganz so stark –, je mehr Schadstoffe ein Lastwagen ausbläst. Dreckschleudern werden aber vor allem dann teuer, wenn Ende August die Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen kommt: Denn die Kilometergebühr hängt von den Emissionen ab.

Was die Wissenschaftler des Umweltbundesamtes da herausgefunden haben, ist für den Staat nicht nur teuer, sondern bringt Deutschland auch international in die Bredouille: Die Bundesregierung hat sich gegenüber der Europäischen Union verpflichtet, die Stickoxidemissionen – verantwortlich für erhöhte Ozonwerte im Sommer und versauerte Böden – bis 2010 im Vergleich zu 1990 um 61 Prozent zu mindern.

Dabei rechnete sie mit der Automobilindustrie, die fest zugesagt hatte, ab Mitte der 90er-Jahre nur noch neue Lkw-Motoren zu verwenden, die den Stickoxidausstoß um 25 Prozent mindern. Die Fahrzeugbauer, so Trittin, seien verantwortlich, dass Deutschland jetzt „eine Deckungslücke“ von rund 75.000 Tonnen pro Jahr entstehe. Aufgefallen war die Trickserei, weil die an Autobahnen gemessenen Werte weit über den theoretischen lagen.