Dem Alltag abgeschaut

„Wir wollen glauben, was uns weisgemacht wird“: Ingrid Lausund führt in „Konfetti – Ein Zauberabend für politisch Verwirrte“ die Wirkung suggestiven Politgefasels vor

von CAROLINE MANSFELD

Ein Vorbericht über ein neues Stück der Regisseurin Ingrid Lausund ist mit einem gewissen Risiko behaftet. Die Künstlerin pflegt einen sehr eigenen Arbeitsstil. Bislang inszeniert sie ausschließlich eigene Stücke. Sie genießt es, den gesamten Prozess vom Schreiben bis zur Uraufführung in der eigenen Hand zu halten: „Andere Autoren müssen da zittern.“

In den knapp acht Wochen Entstehungszeit vor der Premiere eines neuen „Lausund-Abends“ probt sie tagsüber mit den SchauspielerInnen, die sich nicht darauf verlassen können, dass die Texte schon vorliegen. Manches muss einstweilen improvisiert werden und findet später seine dramatische Form. Dann brütet die Regisseurin bis tief in die Nacht über dem Stücktext und wirft häufig noch entscheidende Szenen um. Die Darsteller ihres neuen Stücks Konfetti –Ein Zauberabend für politisch Verwirrte kennen das schon und lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Am Freitag ist Premiere für Lausunds erste Arbeit auf der Hauptbühne.

Wenige Wochen vorher geht es auf der Probebühne hoch her. Die SchauspielerInnen, Sarah Masuch, Anne Weber, Bernd Moss, Bjarne Mädel und Martin Pawlowsky proben den „Zeitungstrick“. Dabei liegt die Verbindung von Zaubertricks und Politik nicht gerade auf der Hand. Doch in Konfetti geht es nicht um karnevalistischen Frohsinn. „Es geht darum, wie Leute auf Politik reagieren. Das wird kein Aufklärungsabend und kein politisches Kabarett. Ich beschäftige mich auch nicht mit der Hamburger Tagespolitik“, erklärt Lausund. „Mir geht es eher um Grundmechanismen. Welchen Informationen glauben wir noch? Wir haben so ein Grundmisstrauen gegen alles, und deshalb handeln wir nicht mehr.“

Das Zaubern hilft den Darstellern, zu zeigen, wie einfach die Täuschung in der Politik funktioniert. „Es braucht nur eine gute Ablenkung, um einen Zaubertrick zu verschleiern“, sagt Lausund, „Zum Zaubern gehört Illusion. Wir wollen glauben, was wir sehen, obwohl wir wissen, dass es eine Illusion ist.“

Das Deprimierende ist, dass die Tricks auch funktionieren, wenn die Ablenkung offen verkündet wird. Für die Zuschauer gibt es an diesem Abend einiges zu staunen, denn die SchauspielerInnen haben bei einem echten Zauberer gelernt, wie man Dinge verschwinden und wieder auftauchen lässt. Ingrid Lausund scheint dabei aus einem unerschöpflichen Ideenfundus zu schöpfen. Doch obwohl sie ihre bisher größten Erfolge an der Kirchenallee feierte, ist sie keine feste Hausregisseurin mehr. Seit dieser Spielzeit arbeitet sie hauptsächlich in Köln.

Als sie vor zwei Jahren aus Ravensburg nach Hamburg kam, waren die Zweifler in der Mehrzahl. Kaum jemand traute dieser außergewöhnlich scheu wirkenden Frau zu, einen Theaterabend auf die Beine zu stellen. Und niemand hätte auf der Bühne einen so bissigen Humor erwartet. Doch die Skeptiker wurden eines Besseren belehrt und lachten über die neurotischen Supermarktbesucher in Hysterikon, die zwischen den Kühlregalen Liebe, Triebe und Kleinbürgerhass auslebten. Auch in Konfetti hat der Zuschauer es nicht mit konkreten Figuren, sondern mit dem Alltagswahnsinn abgeschauten Typen zu tun. Und falls ein Zaubertrick doch mal danebengeht, hagelt es eben Konfetti.

Premiere: Freitag, 14. Februar, 20 Uhr, Schauspielhaus