Uni will Affenversuche einklagen

Rektor nennt die Ablehnung der Makakenversuche durch das Gesundheitsressort einen „Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit“ – und will mit Hirnforscher Kreiter bis nach Karlsruhe ziehen

Von Christian Jakob

Wenn es nach der für Tierschutz zuständigen Senatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) ginge, dann ist in sechs Wochen Schluss mit den Affenexperimenten an der Uni. Am 30. November läuft die Genehmigung für den Neurobiologen Andreas Kreiter aus – den Antrag auf Verlängerung lehnte Rosenkötters Behörde am Mittwoch ab. Gestern kündigte die Universität an, mit allen juristischen Mitteln für die Fortsetzung der Versuche zu kämpfen.

„Der Staat hat kein eigenständiges ethisches Bewertungsrecht“, sagte Uni-Rektor Wilfried Müller am Donnerstag vor Journalisten. Die Behörde habe lediglich zu prüfen, ob die vom Tierschutzgesetz vorgeschriebene ethische Abwägung zwischen der Belastung der Makaken und dem wissenschaftlichen Nutzen „plausibel vorgenommen“ worden sei. Zu genau dieser Frage gebe es in dem Bescheid aber keine Ausführungen. Stattdessen habe sich der Staat eine „eigene ethische Bewertung angemaßt“. Für Müller ist dies ein „politisch motivierter Eingriff in die Forschungsfreiheit“. Zudem sei „äußerst ärgerlich“, dass die Behörde die von der Universität dargelegte medizinische Bedeutung der Experimente für die Epilepsieforschung nicht anerkannt habe. Kritiker hatten stets bemängelt, dass ein unmittelbarer Nutzen der Tierversuche fehle. Kreiter ergänzte, eine „Staatsethik“ kennzeichne totalitäre Regime und sei mit der Forschungsfreiheit unvereinbar. „Die ethische Abwägung ist Sache des Wissenschaftlers.“ Seine Versuche seien „gar nicht möglich, wenn die Affen gequält würden“, weil diese nur in einem guten Zustand die ihnen gestellten, komplexen Aufgaben erfüllen könnten. Die Universität hat beim Ressort Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt und will diesen nötigenfalls bis zum Bundesverfassungsgericht ausfechten. Weil es Jahre dauern kann, bis in der Hauptsache entschieden ist, hat die Uni zeitgleich beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung beantragt, damit Kreiter bis dahin weiter forschen darf.

Die Folgen der Ablehnung seien beträchtlich: „Die laufenden Projekte wären kaputt und die Arbeit der letzten Jahre wertlos“, sagte Müller. Durch Drittmittel finanzierte Arbeitsplätze würden entfallen, neun Promotionen müssten abgebrochen werden, ebenso wie Kooperationsprojekte mit der Wirtschaft und anderen Hochschulen. Die 24 Affen müssten laut Tierschutzgesetz eingeschläfert werden.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Ablehnung von Kreiters Verlängerungsantrag offiziell missbilligt und will die Klage der Uni unterstützen. „Die Ablehnung ist ein Eingriff in die im Grundgesetz verbriefte Freiheit der Wissenschaft“, sagte DFG-Präsident Matthias Kleiner. Die DFG hat Kreiters Forschungen seit 1995 mit 1,1 Millionen Euro gefördert.

Kreiters Arbeitsgruppe führt in Bremen seit Ende der 1990er Jahre Verhaltensexperimente an Makakenaffen durch, bei denen den Affen durch eine in die Schädeldecke implantierte Platte hauchdünne Elektroden ins Gehirn eingeführt werden. Mit den Versuchen sollen laut Kreiter die „neuronalen Grundlagen des Denkens und Handelns entschlüsselt“ werden, zudem gebe es in jüngerer Zeit konkrete Forschungen zu Epilepsie.

Der Deutsche Tierschutzbund (DTB) begrüßte den Ablehnungsbescheid „Das Ende der Affenqual ist ein Sieg für den Tierschutz“, sagte DTB-Präsident Wolfgang Apel. Bremen dürfe den „Erpressungsversuchen der Tierversuchslobby nicht nachgeben“. „Auch die Forschung muss sich an gesellschaftlichen Maßstäben orientieren. Wenn sie es versäumt, sich selbst ethische Grenzen zu setzen, muss sie es sich gefallen lassen, von außen reglementiert zu werden“, so Apel.