Nicht wie Schule

Pilotprojekt in Heimfeld: Pädagogik-Studenten helfen Kita-Kindern beim Spracherwerb. Fortsetzung erwünscht, Sponsoren gesucht

Wir können nicht bei jedem Kind das Deutsche mit der Gießkanne auskippen

von KAIJA KUTTER

Mit einer Spende der Rotary-Clubs realisierte der Harburger Pastor Frank-Ulrich Schoenberg in seiner Gemeinde ein ungewöhnliches Projekt. Zwölf Studierende der Sonderpädagogik besuchten ein halbes Jahr lang regelmäßig vier Heimfelder Kindertagesstätten und förderten auf spielerische Weise 22 Kinder nicht deutscher Muttersprache. Zu Beginn des Projekts im Januar vorigen Jahres verständigten sich lediglich sieben Kinder in der deutschen Sprache, sechs redeten so gut wie gar nicht. Zum Ende des Projekts gab es bei allen Kita-Kindern deutliche Fortschritte: Die, die nicht sprachen, haben damit begonnen, die, die einen geringen deutschen Wortschatz hatten, reden flüssig, die, die Laute falsch sprachen oder Sätze falsch bildeten, haben dies korrigiert.

„Wichtig ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Kinder mutig werden, Sprache zu gebrauchen“, sagt der Erziehungswissenschaftler Alfons Welling, der das Projekt leitete. Dies bedeute, ein „Feeling“ für Situationsgestaltung zu bekommen und die „Themen der Kinder“ ernst zu nehmen, um sie dann in der Sprache zu gebrauchen.

Als Beispiel nennt Welling in seinem 70-seitigen Bericht den kleinen Urik, der das deutsche „R“ wie das russische rollte. Studierende brachten ihm mit Brummgeräuschen beim Autorennen den Unterschied bei. Die kleine Melke hat beim Geburtstagspielen und Kuchenbacken gelernt, im Deutschen das Verb in die Mitte zu setzen. Im Türkischen gehört es ans Ende. Und Lindu (5) beschriftete gar mit einer Studentin auf deutsch und chinesisch ein Bilderbuch.

Sprachförderung muss auf dem Niveau der Erstsprache ansetzen, betont Welling: „Man darf Kinder nicht mit einem Deutschkurs von ihrer Spracherfahrung abschneiden.“ Überlegungen der Schulbehörde, künftig Lehrer in Kitas zu schicken, sieht er deshalb kritisch: „Schulpädagogik ist sehr viel rigoroser, als ich es für den Elementarbereich für gut halte.“ Man müsse Dreijährige ganz anders ansprechen als Sechsjährige. So können Kinder im Vorschulalter nicht von einer in die andere Sprache übersetzen. Sie sprechen einfach.

Pastor Schoenberg und die LeiterInnen der beteiligten Kitas sind von dem Projekt begeistert und wollen es fortsetzen. „Ich rechne damit, dass wir für die nächsten drei Jahre 40.000 Euro bräuchten“, sagt Schoenberg, der nun Sponsoren sucht. Zwar finanziert die Stadt auch stundenweise Sprachförderung, doch könne man damit nicht die bewährten Teams von drei Studierenden pro Kita bezahlen. Und individuelle Förderung je nach Sprachstand des Kindes sei wichtig, betont Welling: „Wir können nicht bei jedem Kind das Deutsche mit der Gießkanne auskippen.“

Kontakt: Pastor Frank-Ulrich Schoenberg, ☎ 77 46 77