Urdrüs wahre Kolumne
: Gerechte Sache siegt!

„Aus der Rolle fallen, um aus der Falle zu rollen“: an welcher Stelle auch immer Meister Propper diesen Satz zur Ankündigung für seinen gestrigen Poetry Slam im Lagerhaus gefunden hat – diese Stelle muss ein gesegneter Ort sein und so entbiete ich dem wohlpolierten Kahlkopf meine ehrfurchtsvollen Grüße. Bei der Antikriegs-Demo aber entzückte mich das T- Shirt einer jungen Teilnehmerin mit fallenden Twin-Towers und dem Satz „Dies kommt von das“. Sowas kann sich ja demnächst die Grünenfrontfrau Angelika Beer auf die Nato Oliv-Bluse drucken lassen, wenn in der Fernseh-Talkshow nach dem langen Abend im Offizierscasino die Worte nicht mehr so recht über die Zunge purzeln wollen.

In der traditionsreichen Tag- und Nacht-Gaststätte „Krokodil“ von Rotlicht-Institution Monika versicherte mir jetzt eine seit Jahrzehnten gutnachbarschaftlich vertraute professionelle Sex-Arbeiterin: „Wenn die Schweine das Hafen-Casino abreißen, zünde ich den Senat an!“ Nun weiß ich zwar nicht, wie solches Unterfangen konkret zu gestalten wäre, habe aber am ernsthaften Wollen dieser Mitbürgerin keinerlei Zweifel: wer lässt sich schon gern die soziale Infrastruktur unterm Hintern wegziehen. Ich fordere die Hafenquartiersplaner daher dringlich auf, diese Warnung zu beachten und die geschätzte Wirtin Rita Otten weiterhin für ihre Gäste wirken zu lassen – und zwar in genau diesen Räumen alter Kneipenseligkeit, in denen jedes Schicki und jedes Micki Selbstdarstellung auf Anhieb zur Lächerlichkeit verurteilt ist.

Allen, die es nicht auf den gewünschten Listenplatz für die Bürgerschaftswahl gebracht haben, gibt das Schicksal eine zweite Chance in Gestalt einer Kleinanzeige in der Wochenendausgabe des Weserkurier: die „Partei für Rentengerechtigkeit und Familie“ sucht noch Mitglieder für Landesvorstand und Kandidatenliste und ist für Bewerbungen und Anfragen unter der Rufnummer 02173/977 861 erreichbar. Toi toi toi – gerechte Sache siegt!

Nachdem die Interbrüh als Abwrack-Kommando regionaler Bierkultur die Landbrauerei links der Weser längst in ihren gierigen Krallen hat und auch im hannöverschen Markt für Monopolstrukturen sorgte, werden von den Gierschlunden jetzt den Aktionären des traditionsreichen Braunschweiger Hofbrauhauses Wolters durch Zeitungsinserate schmutzige Anträge gemacht. „Wolters oder Wolters nicht“ – für mich als ehemaligen Stammbesucher der Heimspiele von Leu Braunschweig ist dieser Schlachtruf auf ewig integrierter Bestandteil der inneren Festplatte und die Verramschung meines früheren Lieblingstrunks ein Angriff auf die soziale Identität als Biertrinker. Im Bündnis mit den um Teile ihres Lohns geprellten Bierkutscher werden wir den Shareholder Value-Strategen Lokalverbot am Tresen unserer verletzten Gefühle erteilen, ganz ohne Gnade!

Unweit der Waller Disco „AlTaSo“ (Alle Tage Sonntag) prügeln sich am hellichten Tag trotz frostiger Temperaturen zwei junge Burschen mit in der Hitze des Gefechts freigelegten Oberkörpern. Während der Endesunterzeichnete den ziemlich gleichwertigen Kampf interessiert verfolgt, meldet eine ältere Passantin ihren Wunsch nach sofortiger Räumung des Fußweges für sich und ihren Einkaufstrolly an, worauf beide Fighter sich wort- und gestenreich entschuldigen, dabei sogar die Pullover wieder über den Bauchnabel ziehen und die Dame generös vorbeiwinken. Hinterher ging es übrigens ohne Zögern weiter zur Sache. Menschen mit Lebensart!

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Ulrich
„Widukind“ Reineking