Warum fallen Sterne nicht?

Kitas und Grundschule müssten zusammenarbeiten. Aber sie kennen sich oft nicht einmal. Für Kitas und Grundschulen sind zwei getrennte Behörden zuständig, die mehr konkurrieren als kooperieren

taz ■ Warum fallen Sterne nicht vom Himmel? Warum ist es auf einem Berg kälter, obwohl ich der Sonne näher bin? Fragen über Fragen, mit denen Erzieher konfrontiert werden. Kinder sind kleine Naturforscher, sagt Donata Eschenbroich, und meist sind es naturwissenschaftlich wenig interssierte Frauen, denen diese Fragen gestellt werden. Das ist für die Autorin von „Weltwissen der Siebenjährigen“ fatal, wie sie im Oldenburger Hanse-Wissenschaftskolleg diese Woche referierte. Nichts kann fragende Kinder so demotivieren wie erwachsenen Bezugspersonen, die desinteressiert reagieren.

Völlig falsch sind Denkmuster der traditionellen Art: Kinder im Kindergarten sollen unbelastet spielen, das Lernen beginnt erst in der Schule. Das meinte der Leiter der Grundschule Pfälzer Weg, Rolf Struckmeyer, beim grünen „Werkstattgespräch“ über die pädagogisch schädliche Bruchstelle zwischen Kindergarten und Schule. Die ersten Lebensjahre sind ein „Basar der Erkenntniszeit“, erklärt der Erziehungswissenschaftler Georg Feuser. Wer Krabbelgruppen und Kita-Jahre nur unter dem Aspekt der „Entlastung der Mütter“ und der Betreuung begreife, begreife nichts.

Axel Antions, Kita-Leiter in Findorff, berichtete von den Protesten der letzten Jahre gegen Kürzungen im Kita-Bereich. Inzwischen gebe es kaum noch Vollzeit-Stellen und viele befristete Verträge, wo doch jeder Pädagoge lernt, wie wichtig die Kontinuität und Verlässlichkeit von Beziehungen für Kinder ist. Unter solchen Umständen sei es kaum möglich, auf individuelle Lern-Begierden von Kindern einzugehen.

Und dann werden die Kinder aus ihrer Gruppe herausgerissen und in Klassen mit 30 Kindern gesetzt. „Das ist ein Bruch an der falschen Stelle!“, sagt Feuser. Kinder werden „in ihrer Ich-Bildung verunsichert und schwer geschädigt“. Festgefügte Institutionen stehen da und zwingen die Kinder in ihre Kästchen. Dann wird jedes 7. Kind wieder aussortiert und zurückgestellt in die „Vorklasse“. Da werden Erfahrungen des Scheiterns und der Abstufung systematisch organisiert, weil das starre System es nicht anders erlaubt.

Weil das mit Pädagogik nichts zu tun hat, hat Grundschulleiter Struckmeyer versucht, an seiner Grundschule alles anders zu machen. Grundschule und Kita arbeiten eng zusammen – eine Ausnahme in Bremen. Bei der Zusammensetzung der Gruppen richtet sich die Schule nach der Empfehlung der Erzieherinnen in der Kita, die ihre Kinder kennen. Und dann werden nicht 30 fremde Kinder in eine Klasse gesetzt mit dem Zwang, dass alle gleich weit zu sein haben in ihrer Entwicklung, sondern am Pfälzer Weg gibt es „jahrsgangsübergreifende Gruppen“ von Vorklasse bis zum 2. Schuljahr. Wer etwas mehr Zeit braucht, ist da kein Schulversager. Und wer schneller lernt, darf das und wird nicht auf das Durchschnitts-Tempo des Lernens heruntergestutzt.

Müsste nicht die Kompetenz für die Kitas dem Bildungsressort zugeschlagen werden, fragte eine Lehrerin bei dem Werkstattgespräch. „Nicht mit eurem Senator“, ruft der personalratsvorsitzende Rainer Müller in den Raum. Klaus Wolschner