BELGIEN KONTRA ARIEL SCHARON: KLEINE WIRKUNG, GROSSER SCHADEN
: Dialog wäre wichtiger

Der derzeitige israelische Ministerpräsident Ariel Scharon kann als Politpensionär in Belgien vor Gericht gestellt werden, wenn sein Immunitätsschutz erloschen ist. Menschenrechtsorganisationen dürften die Entscheidung des belgischen Kassationsgerichts vom Mittwochabend erleichtert zur Kenntnis nehmen. Da es noch keinen Internationalen Strafgerichtshof gibt, ist das belgische Sondergesetz für die Opfer oft die einzige Hoffnung: Es lässt Anklagen bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch dann zu, wenn die Taten außerhalb Belgiens begangen wurden und keine belgischen Staatsbürger betroffen sind.

Allerdings hat die Entscheidung nur symbolische Bedeutung. Selbst wenn Scharon seinen Immunitätsschutz eines Tages verliert, befindet er sich immer noch nicht im Zugriffsbereich der belgischen Justiz. Der droht damit eine erneute Schlappe, wie schon im Fall des kongolesischen Außenministers: Vergangenes Frühjahr hob der Internationale Gerichtshof in Den Haag einen auf belgischen Antrag erstellten internationalen Haftbefehl gegen Yerodia Aboulaye Ndombasi auf. Als kongolesischer Außenminister habe er Immunitätsschutz genossen, entschied das Gericht. Ein belgisches Berufungsgericht hatte die Klage anschließend ganz verworfen, da sich Yerodia nicht auf belgischem Territorium aufhalte.

So wird auch das Scharon-Verfahren trotz des jetzt erreichten juristischen Zwischensieges ergebnislos bleiben. Für dieses magere Ergebnis ist der diplomatische Flurschaden unverhältnismäßig groß. Das eisige Schweigen zwischen Israel und Belgien hat jetzt schon Auswirkungen auf die Beziehungen Israels mit der gesamten Europäischen Union. Dabei gibt es viel zu besprechen – etwa muss geklärt werden, ob Israel seine Transferzahlungen an Palästina im alten Umfang wieder aufnimmt und damit die umstrittene Pauschalunterstützung der EU für die Autonomiebehörde gestoppt werden kann. Angesichts der explosiven Weltlage ist solch ein Dialog unverzichtbar. Klagedrohungen fördern die Gesprächsbereitschaft nicht. DANIELA WEINGÄRTNER