Europa legt sich mit der WTO an

EU und Japan kritisieren Vorschlag der Welthandelsorganisation zur Agrarpolitik. EU sieht eigene Bemühungen zur Zollsenkung nicht gewürdigt. WTO will zwar Importzölle senken, Subventionen für Weltmarktpreisen aber weiter erlauben

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Spätestens am 31. März müssen die Mitglieder der Welthandelsorganisation ihre Vorschläge für die nächste Verhandlungsrunde im September abliefern. Kurz vor Ablauf der Frist werden die Kommentare der Hauptakteure schärfer. In Tokio und Brüssel sorgte gestern ein Positionspapier des WTO-Verhandlungsführers für Agrarfragen, Stuart Harbinson, für Aufregung. Darin heißt es, die Industrieländer sollten zwar Exportsubventionen und Importzölle für Agrarprodukte erheblich senken. Wettbewerbsverzerrende Maßnahmen wie Marktstützungspreise bleiben aber bestehen.

Der Vorschlag sei unausgewogen, sagte Japans Landwirtschaftsminister Tadamori Oshima, er bevorzuge die Großexporteure von landwirtschaftlichen Produkten. In Tokio wird ab Freitag ein dreitägiges Vorbereitungstreffen für die nächste Runde im September in Mexiko stattfinden. Auch EU-Agrarkommissar Franz Fischler ließ an Harbinsons Vorschlägen kein gutes Haar. „Damit werden unsere Anstrengungen, die Verpflichtungen aus der vorangegangenen Runde in Doha zu erfüllen, bestraft. Diejenigen, die Doha ignorierten, werden belohnt“, sagte Fischler an die Adresse der USA. Sie missbrauchten „Schlupflöcher“ in dem vorangegangenen Abkommen, um wettbewerbsverzerrende Subventionen von acht Milliarden Dollar jährlich an ihre Bauern zu zahlen. Diese Kritik bezieht sich auf die „De minimis“-Klausel, nach der Subventionen von weniger als 5 Prozent des Warenwertes nicht berücksichtigt werden.

Der Tatsache, dass bereits im Rahmen der Agenda 2000 in der EU Exportbeihilfen um 45 Prozent, produktionsgebundene Subventionen um 55 Prozent abgebaut würden, trage das Harbinson-Papier nicht Rechnung. In einem Zeitraum von fünf Jahren werde die EU ihre Beihilfen um mehr als die Hälfte reduzieren und in den fünf Jahren danach ganz auslaufen lassen.

„Wir verlangen, dass die Vereinbarungen von Doha eingehalten und gleiche Ausgangsbedingungen für alle entwickelten Länder geschaffen werden“, sagte Fischler. Auch die Entwicklungsländer würden durch den Vorschlag benachteiligt – dabei seien sich alle theoretisch einig, dass die nächste WTO-Runde die Handelschancen der ärmsten Länder berücksichtigen müsse.

Große Probleme sieht Fischler auch für die so genannte Green box, in der Subventionen für Umweltschutz, Landschaftspflege und artgerechte Tierhaltung zusammengefasst sind. Diese Beihilfen sollen nach dem Vorschlag Harbinsons abgebaut werden. Damit würde aber das Herzstück der EU-Agrarreform infrage gestellt. Denn Fischler will die Bauern künftig nicht mehr dafür bezahlen, dass sie Nahrungsmittel herstellen, die auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren können. Er will ihnen ein Grundeinkommen als Bewahrer der Kulturlandschaft garantieren.

Am Rande der Verhandlungen werden die Minister wohl auch über den weiteren Umgang mit Generika sprechen. Dabei geht es um den Streit, ob arme Länder die teuren Medikamente großer Pharmafirmen, etwa zur Aidsbehandlung, billig nachmachen oder solche Kopien importieren dürfen. Eigentlich hätten sich die WTO-Mitglieder schon bis Dezember 2002 auf eine Regelung einigen müssen. Nun will man am 18. Februar in Genf weiter nach einem Kompromiss suchen.