Die SPD wegputzen

Spionage in der Innenbehörde? Gezielte Kampagne gegen Hamburgs SPD-Vorsitzenden Olaf Scholz. Ermittlungsakten werden an Springer-Blatt lanciert, den Beschuldigten aber vorenthalten

von SVEN-MICHAEL VEIT

Mit gezielten Indiskretionen wird jetzt eine Kampagne gegen die Spitze der Hamburger Sozialdemokraten und deren Landesvorsitzenden Olaf Scholz gefahren. Der Vorwurf: Die Parteiführung habe gezielt Spitzel in die Chefetage der Innenbehörde eingeschleust und lasse sich so mit internen Informationen versorgen (siehe unten). Vertrauliche Unterlagen allerdings gehen vornehmlich an Springer-Medien: Gestern zitierte die Bild-„Zeitung“ ausführlich aus einem Bericht des „Dezernats für Interne Ermittlungen“ (DIE), der den Spionage-Vorwurf belegen soll.

Im Mittelpunkt der Anschuldigungen steht Christoph Holstein, Sprecher von Scholz. Er soll eine Mitarbeiterin von Innensenator Ronald Schill angestiftet haben, ihm Dienstgeheimnisse zu verraten, welche er wiederum veröffentlicht habe. Dazu nutze Holstein, unter den SPD-Senatoren Hartmuth Wrocklage und Scholz Sprecher der Innenbehörde, alte Kontakte. Am Mittwoch voriger Woche durchsuchte deshalb DIE auf der Suche nach Beweisen Holsteins Büro im Kurt-Schumacher-Haus: Ein „empörender Vorgang, wie es ihn seit 1945 nicht mehr gegeben“ habe, so Parteigeschäftsführer Ties Rabe. Journalisten einiger Medien waren übrigens bestens informiert worden: Sie erwarteten das Durchsuchungskomitee bereits vor der SPD-Zentrale.

Wie der Ermittlungsbericht an Bild gelangen konnte, wundert auch Holstein. Weder er noch sein Anwalt hätten bislang Akteneinsicht erhalten, ansonsten wolle er sich zu dem „schwebenden Verfahren nicht äußern“. Auch Parteichef Scholz zieht es gegenwärtig vor zu schweigen. Aus seinem Umfeld ist jedoch zu hören, er sei „stinksauer“, dass sein beschuldigter Mitarbeiter keine Akteneinsicht erhalte, wohl aber „gewisse Zeitungen“.

Thomas Model, Sprecher von Innensenator Schill, kann sich „nicht vorstellen“, dass die Ermittlungsakte nach außen gelangen konnte. DIE, direkt Innenstaatsrat Walter Wellinghausen (Ex-SPD, jetzt parteilos) unterstellt, sei „als sorgfältig und verschwiegen“ bekannt, sagt er und verweist an die Staatsanwaltschaft. Deren Sprecherin Marion Zippel findet es „auch erstaunlich, was BILD so weiß“, aber woher, entziehe sich ihrer Kenntnis.

Klarer ist die Sachlage für Michael Neumann: Details aus laufenden Ermittlungsverfahren zu veröffentlichen nähre den Verdacht auf Verrat von Dienstgeheimnissen, findet der Innenpolitiker der SPD-Fraktion. Dass auch er in einen Zusammenhang mit vermeintlicher Spionage in Schills und Wellinghausens Umfeld gestellt wurde, weist er vehement zurück: „Wir stiften niemanden an.“

Noch deutlicher wird der grüne Innenpolitiker Manfred Mahr. Eigentlich müsse DIE jetzt gegen sich selbst und seine Vorgesetzten ermitteln. „Es besteht der Verdacht auf Geheimnisverrat“, befindet Mahr, im Hauptberuf selbst Kommissar. Deshalb seien das Dezernat und die Staatsanwaltschaft jetzt „verpflichtet“, diesem Vorgang nachzuspüren.

Und wenn das Dezernat nicht selbst aktiv werde, so Mahr, müssten Senator Schill oder Staatsrat Wellinghausen selbst die Untersuchung anordnen. Die hätten ja wohl ein Interesse daran herauszufinden, wie vertrauliche Unterlagen aus ihrem Hause nach draußen gelangen könnten.