„Aussteigen können Sie immer“

Die spontanste Art billig zu reisen, das „Trampen“ auf Wochenend- und Niedersachsen-Ticket, stößt der Bahn sauer auf. Zwar gelten die Bummelzug-Fahrscheine für fünf Personen – aber wehe, die Besetzung der Reisegruppe wechselt unterwegs

taz ■ Es hätte eine günstigere Bahnreise werden sollen. 22,40 Euro kostet die knapp zweieinhalbstündige Fahrt im Regionalexpress von Bremen nach Bad Bevensen – zu viel für Behnam Khaze. Wozu gibt es das „Schöne-Wochenende-Ticket“, fragt sich der Student. „Preiswert reisen mit Freunden“, wirbt ja die Bahn. Und: „Gilt für Gruppen bis zu fünf Personen“.

Khaze steigt in Bremen in den Zug, trifft noch vor Rotenburg – bis dort gilt sein Semesterticket – auf andere Fahrgäste, die bereits ein Fünf-Personen-Ticket haben. „Kannst mitfahren“ – die Bahnreise für lau schien möglich. Doch Khaze hatte die Rechnung ohne die Bahn gemacht.

Keiner der Kontrolleure hatte zunächst Anstoß an der Reisegruppe genommen. Erst beim Umsteigen in Harburg zeigt einer auf Khaze: „Ihren Fahrschein möchte ich sehen.“ Khaze führt den Uniformierten zu seinen Mitreisenden, die zeigen das Ticket. Der Bahnbeamte lässt sich davon nicht beirren, ruft die Polizei, verlangt 30 Euro. Begründung: „Sie fahren schwarz.“ Unverschämt, findet Khaze: „Ich hatte immer ein Ticket.“

„Eine Erweiterung der Gruppengröße nach Fahrtantritt ist nicht zulässig“, stellt sich Bahnsprecher Norbert Giersdorff hinter den Kontrolleur. Zwar gelte das Bummelzug-Ticket für bis zu fünf Personen. Die Reisegruppe dürfe sich aber während der Fahrt nicht verändern. Sprich: Wollen fünf Freunde von Achim nach Cuxhaven reisen, darf nicht einer erst in Bremen zusteigen. „Das ist doch kleinkariert“, sagt Hartmut Buyken vom Fahrgastverband Pro Bahn. Giersdorff ungerührt: „Es gelten immer noch die Tarifbestimmungen.“

Buyken rät allen spontan gemeinsam Reisenden, immer so zu tun, als sei man von Anfang an gemeinsam gereist. In der Praxis, gibt auch der Bahnsprecher zu, sei ein Wechsel innerhalb einer Reisegruppe meist schwer nachzuweisen. Die Zugbegleiter könnten sich schließlich nicht jedes Gesicht merken und zudem auch mal ein Auge zudrücken.

Im Fall Khaze war offensichtlich das Gegenteil der Fall: Der Bahn-Angestellte, der Khaze schon der Polizei vorgeführt hatte, steigt auch in den darauffolgenden Zug. Khaze hatte sich diesmal bereits auf dem Bahnsteig nach einem Ticket zum Mitfahren umgeschaut – vor Fahrantritt also. Sein Pech: Der Uniformierte wusste, dass die Mitfahrer ihre Reise nicht erst in Harburg begonnen hatten – also „Zuwachs der Reisegruppe“. Khaze musste nachlösen, eine zweite Rechnung über 30 Euro für Schwarzfahren flatterte ihm ins Haus. Sein Widerspruch läuft noch. Es könne nicht sein, dass man zu zweit ein Ticket für fünf Personen kaufe und niemand mehr zusteigen dürfe, sagt Annette Volkens, Bahnreferentin des Verkehrsclub Deutschland (VCD). In einem Punkt ist die Bahn übrigens auch beim Wochenend-Ticket ganz kulant. Giersdorff: „Aussteigen können Sie immer.“ Armin Simon