Die Verkünderin der Rezession

Janet Yellen hat das hässliche R-Wort als erste ausgesprochen: Die USA befänden sich in einer Rezession, sagte die 62-jährige Ökonomin am Dienstagabend bei einem Dinner in Kalifornien. Diese Einschätzung war US-Sendern sofort eine Nachricht wert: Landesweit sah man die elegante Grauhaarige, wie sie im Abendkleid verkündete, dass die US-Wirtschaft im vierten Quartal wahrscheinlich schrumpfen werde. Denn Yellen ist Notenbankchefin in San Francisco, und es wurde von den Medien als Signal gewertet, dass sie sich nicht mehr an die offizielle Sprachregelung der Federal Reserve Bank hielt, die das Wort Rezession partout vermeiden will.

Am Mittwoch folgte dann die Reaktion der Börsen: Der US-Aktienindex Dow Jones verlor rund 733 Punkte – das ist der zweitgrößte Tagesverlust in seiner Geschichte. Denn auch Fed-Chef Ben Bernanke kam nicht mehr umhin, einzuräumen, dass die ökonomischen Aussichten der USA trübe seien. Das Wort Rezession vermeidet er aber noch immer.

Yellen gehört zu den einflussreichsten Ökonomen der USA. Sie ist Absolventin von Yale, war Wirtschaftsprofessorin in Berkeley, hat in Harvard und an der London School of Economics unterrichtet. Von 1997 bis 1999 war Yellen dann die ökonomische Chefberaterin von US-Präsident Bill Clinton.

Die Notenbankerin ist mit dem Nobelpreisträger George Akerlof verheiratet. Sein „Saure-Gurken-Problem“ von 1970 gehört zu den am häufigsten zitierten Erkenntnissen der Wirtschaftswissenschaften und lässt sich auch jetzt bestens anwenden, um die Finanzkrise und den Vertrauensverlust zwischen den Banken zu erklären. Denn Akerlof beschreibt darin, wie ein Markt vollständig zusammenbrechen kann, wenn die Käufer glauben, dass die Verkäufer entscheidende Informationen zurückhalten.

Für das Nobelpreiskomitee in Stockholm hat Akerlof einmal dargelegt, wie er Janet Yellen 1977 in Washington kennenlernte. „Wir mochten uns sofort und beschlossen, gleich zu heiraten.“ Denn sie hätten nicht nur persönlich perfekt harmoniert. Genauso wichtig war für die beiden Ökonomen, dass „wir in der Makroökonomie immer völlig übereinstimmten“ – wenn man einmal davon absehe, dass Yellen ein wenig mehr an den Freihandel glaube.

Das Paar hat einen Sohn, Robert, inzwischen 27, der wie die Mutter in Yale studiert hat. Aber neben dem Familienleben waren Akerlof und Yellen immer auch ein Forscherteam. Die Zusammenarbeit des Paars hat der Nobelpreisträger James Tobin einmal so beschrieben: Akerlof würde ständig neue Ideen entwickeln – und Yellen bringe diese dann „in eine akademisch plausible Form“.

ULRIKE HERRMANN