berliner szenen Fünf Euro pro Person

Parken für Anfänger

Uns war langweilig. Jeder eine halb leere Flasche Bier in der Hand stehen wir vor der Toreinfahrt neben dem Magnetclub. Ein kultiviertes Nichtstun à la Eichendorff. Die einen oder anderen Gesprächsansätze verlaufen im Sande, die Party ist mau, und wir lechzen nach einem Ereignis. Es läuft alles auf einen weiteren Besuch beim Spätkauf hinaus, als ein blauer Peugeot vor der Toreinfahrt hält.

Noch hält sich unser Interesse in Grenzen. Als das Fenster runtergekurbelt wird, diskutieren wir kurz, ob wir den vermeintlich Suchenden in die falsche Richtung schicken sollen. „Können wir auf dem Hof da parken?“, fragt der Fahrer. Wir vier – alle mit genug Hauptstadtgroßkotzigkeit ausgestattet – können es kaum fassen, dass es Leute gibt, die solche Fragen noch stellen, und antworten erst gar nicht. Wer parken will, der parkt halt, und wer nicht, halt nicht.

„Dürfen wir?“, wird erneut gefragt, und erst jetzt begreifen wir, dass die uns für Türsteher halten und damit die dramatischste Fehleinschätzung liefern, seit Exbundespräsident Lübke damals behauptete, das Wembleytor sei ein regulärer Treffer gewesen. „Kostet aber ’n Fünfer!“ bricht einer das Schweigen. Betretene Stille im Auto – eiliges Bier ansetzen, um Lacher zu vermeiden auf dem Bürgersteig. Doch einer aus unserer Gruppe von Taugenichtsen hat eindeutig mehr Bier intus als der Rest und hantiert mit seinem Handy, um ein Walkie-Talkie-Gespräch mit seinem angeblichen Kollegen auf dem Hof vorzutäuschen. „Aber wenn, dann jetzt sofort!“, ruft er in Richtung des blauen Vehikels. Einer steigt aus – und zahlt. Während wir anderen drei uns lachend zum Späti verziehen, erhöht der vermeintliche Türsteher die Konditionen auf fünf Euro pro Person.

JURI STERNBURG