alle für den frieden (8)
: Trommeln gegen den Krieg

Friedenskompatible Urinstinkte

91 Prozent der Deutschen sind gegen einen neuen Krieg am Golf. Die ganze Nation eine Friedensbewegung? Die taz stellt täglich vor, wer sich so rührt.

Drei Fragen bewegen einen Demonstranten, weiß der Brokdorf-erfahrene Klaus Staffa. Erstens: Wo sind die Kumpels? Zweitens: Wo ist die Polizei? Drittens: Wo spielt die Musik? Weil Polizisten am letzten Samstag nur den Verkehr regelten und die Puhdys abgestandenen Ostrock spielten, hat Sambalehrer Staffa die Musikfrage rhythmisch beantwortet.

„Ich wollte, dass die mitteleuropäischen Friedensaktivisten während der Demo ihren Kopf vergessen und gemeinsam ihre Hüften schwingen“, sagt Staffa. Rund 80 Sambatrommler hat er Samstag um 12 Uhr an dem im Volksmund „Nuttenbrosche“ genannten Brunnen auf dem Alexanderplatz versammelt. Ob schüchterner Ersttrommler oder alter Sambacrack – jeder durfte mitmachen. Wer keine Trommel hatte, bekam eine geliehen.

Also tanzen für den Frieden? Nicht ganz. „Anders als Salsa verträgt Samba sich mit der deutschen Marschierlust“, weiß Staffa. Denn der ursprünglich westafrikanische Rhythmus ist militärischer Marschmusik nicht unähnlich. Doch während das Ramtata deutscher Blasmusikkapellen einfach Aggressionen verstärkt und für Gleichschritt sorgt, macht die Importmusik glücklich. „Beim Samba fängt jeder in der Gruppe für sich selbst an zu zappeln“, so Staffa. Dem Umzug hat das gut getan: Die deutschen Urinstinkte wurden friedenskompatibel umgedeutet. Doch Vorsicht vor der kollektiven Ekstase war angesagt. Denn: Kein Marsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft, warnte einst Brecht. MAB

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