kabinenpredigt
: Psychologisch bemüht

Die Leichtathletikfreunde müssen das Sportsenator Ehrhart Körting (SPD) nachsehen. Kaum einer kennt doch dieses Gefühl so gut wie sie. Wenn gar nichts mehr geht, wenn der Wille nichts mehr zählt, wenn man sich eben absolut verausgabt hat.

Gut 20 Millionen Euro steuert der Senat für die Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin bei. Für weitere Sonderausgaben hat man jetzt aufgrund der notorisch schwierigen Haushaltslage und der zudem schwelenden weltweiten Finanzkrise nichts mehr übrig. Wenn nun nach 2009, wie bereits einige prognostizieren, das Internationale Stadionfest (Istaf), einer der weltweit traditionsreichsten Leichtathletikmeetings, aufgrund finanzieller Schwierigkeiten eingestellt wird, dann muss dies Sportsenator Körting hilflos geschehen lassen.

Die Ohnmacht der Politik hat er vergangenen Donnerstag in schöne Worte gekleidet: „Wir bemühen uns, allerdings mehr psychologisch als finanziell.“

Ob mit menschenkundigem Geschick dem Istaf geholfen werden kann? Wohl kaum. Aber selbst wenn der Senat finanziell aushelfen könnte, warum sollte er in die Bresche springen? Mit staatlichen Zuschüssen wäre der Erhalt des Istaf längst nicht gesichert. Andere Faktoren, wie die Verlängerung von Fernseh- und Sponsorenverträgen sowie die Lobbypolitik des Internationalen Leichathletikverbands spielen für die Zukunft des Istaf ebenfalls eine wichtige Rolle.

Der passive Part des Senats ist also durchaus vernünftig, auch wenn der Schaden, der aus einem Rückzug des Istaf erwachsen würde, beträchtlich wäre. Dem Olympiastadion, das vor der Fußball-WM 2006 für 242 Millionen Euro modernisiert wurde, droht der Verlust der Stammkundschaft. Vor kurzem erst verstörte Hertha BSC Berlins Politiker mit Planspielen, eventuell aus der Arena auszuziehen, weil man sich ein Stadion ohne Laufbahn wünscht.

Zur Beruhigung der Leichtathletikfans folgte vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit ein Bekenntnis zum Stadion, insbesondere zur blauen Laufbahn. Im ungünstigsten Fall werden bald weder Bundesligaspiele noch das Istaf im Olympiastadion stattfinden. Mit der WM im August 2009 könnte bereits die Internationale Leichtathletik ihren Abschied aus Berlin feiern. Am Ende bliebe auf dem Olympiagelände ein leerer, teurer Baukoloss. JOHANNES KOPP