Nichts anderes als Zwang

Betr.: „Zwangsexmatrikulation out“ taz bremen vom 6.2.03

Mehr und bessere AbsolventInnen für das Bildungsexportbundesland Bremen lautet das erklärte Ziel derer, die Studiengebühren für so genannte „Langzeitstudierende“ fordern. Allerdings seien die Gebühren „nur ein bewusstseinsbildender Schreckschuss“ im Rahmen eines Gesamtkonzeptes, erklärte der Vertreter der Wissenschaftsbehörde vor StudentInnen der Bremer Uni. Gleichzeitig räumte er begrenzte Gestaltungsmöglichkeiten von Politik und Wissenschaftsbehörde ein. Innovationen und Verbesserungen müssten vor allem von Universitäten ausgehen: Weil sich die Politik außer Stande sieht, den schwerfälligen akademischen Verwaltungsapparat auf Vordermann zu bringen, übt man sich in Aktionismus und hofft, die WählerIn werde diesen goutieren. Nun ist es vornehmste Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen für Innovationen zu schaffen. Das gilt für die Wirtschaft ebenso wie für Forschung und Lehre.

Fehler Nummer 1: Studiengebühren bedeuten das präzise Gegenteil. Sie sind nichts anderes als Zwang. Fehler Nummer 2: Der Zwang lähmt ausgerechnet jene, die bislang am ehesten für Bewegung an den Unis gesorgt und sich im eigenen Interesse für Änderungen eingesetzt haben, StudentInnen. Stellvertretend für viele andere, die studieren um ihr erworbenes Wissen möglichst bald auch anzuwenden, um sich eine eigene Existenz zu schaffen, hier ein Gegenbeispiel: Ein Student absolviert nach vier Semestern Regelstudienzeit seine Zwischenprüfung (Vordiplom) mit Note „1“, geht als Stipendiat ins europäische Ausland, erwirbt dort einen Bachelor-Abschluss (dem sich große Teile des deutschen akademischen Establishments nach wie vor verschließen), kommt zurück nach Deutschland, studiert sich „scheinfrei“ und nutzt eine Chance zum Berufseinstieg. Fünf Jahre lang zahlt er als Arbeitnehmer Steuern und Sozialabgaben, fällt der Uni nicht zur Last, verursacht keine Kosten. Heute möchte er seine Abschlussarbeit fertig stellen. Aber zur „Belohnung“ für seine Risikobereitschaft muss er nun Studiengebühren zahlen. Die (statistische) Semesterzahl ist zu hoch. Ergebnis: Studiengebühren hemmen ausgerechnet Leistungsträger.

Und jene, die sich tatsächlich an der Uni „einnisten“? Vergleicht man die von diesen wenigen verursachten Kosten mit jenen, die durch aufgeblähte Verwaltungsapparate, faule Dozenten und schlechte Ausstattung der Unis verursacht werden, dann fallen sie kaum noch ins Gewicht.

Roland Bösker