türkei/irak
: Kein Geld, kein Krieg

An so etwas sind US-Präsident Bush und sein Kriegskabinett nicht gewöhnt. Nach der aus Sicht Washingtons wenig erfolgreichen Runde im UN-Sicherheitsrat am letzten Freitag und den ersten Anzeichen von Wankelmut beim britischen Schildknappen Tony Blair hat es jetzt auch die türkische Regierung gewagt, sich den Wünschen Washingtons in einer wichtigen Frage zu versagen. Bis heute Abend sollte das Parlament in Ankara die Entscheidung über die Stationierung von mindestens 35.000 GI’s in der Türkei durchwinken. Ansonsten, so die Begründung aus den USA, geriete der Aufmarsch rund um den Irak erheblich ins Stocken.

Kommentar von JÜRGEN GOTTSCHLICH

Doch was in Washington offenbar nur noch als lästige Formalität betrachtet worden war, wächst sich nun zu einem riesigen Problem aus: Die Volksvertreter wollen nicht so, wie sich Uncle Sam das vorstellt. In offenbar falscher Einschätzung des Ernstes der Lage war die Regierung Bush auch nicht bereit, genügend Milliarden Dollar so genannter Kompensationszahlungen für wirtschaftliche Verluste infolge eines Krieges bereitzustellen. So hätte Ministerpräsident Gül mit leeren Händen vor das Parlament treten müssen. Doch der wollte sich eine Niederlage ersparen und ließ das Thema von der Tagesordnung der Volksvertretung streichen.

Da die US-Drohung, man werde sich nach Alternativen zur Türkei umsehen, wenig überzeugend ist – will Washington seine Truppen in Syrien oder dem Iran stationieren? –, wird es jetzt wohl richtig teuer. Gül hat den US-Präsidenten wissen lassen, man werde im Parlament abstimmen, wenn die zentralen wirtschaftlichen, aber auch politischen und militärischen Fragen geklärt sind. Außer ums Geld geht es um den militärischen Oberbefehl im Nordirak und die politische Zukunft des Irak. Weder will der türkische Generalstab seine Truppen für den Nordirak einem US-Oberkommando unterstellen, noch ist die türkische Regierung bislang wirklich überzeugt, dass die USA die Entstehung eines kurdischen Staates mit allen Mitteln verhindern werden.

Die Sitzung des Sicherheitsrates letzte Woche, die weltweit Millionen Demonstranten – nicht zuletzt in der Türkei – und auch der Nato-Beschluss zur Unterstützung der Türkei haben Gül gezeigt, dass sein Blatt noch nicht ausgereizt ist. Eigentlich will er nicht zum Kampf an der Seite der USA gedrängt werden. Vielleicht, heißt es nun in Ankara, wird ja selbst den Bush-Leuten der Preis für den Krieg irgendwann zu hoch.