Die öffentliche Privatisierung

Sanierungsstau an Hamburgs Schulen soll durch Kredite von über drei Milliarden Euro beseitigt werden, fordert die Linke. Behörde prüft andere Modelle, auch Kooperation mit der städtischen Saga

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Sie sei „eine entschiedene Gegnerin der Auslagerung öffentlicher Aufgaben in den privaten Unternehmensbereich“, erklärte die Vorsitzende der Linksfraktion, Dora Heyenn, am Montag im Rathaus. Speziell zur Sanierung von Schulgebäuden seien öffentlich-private Partnerschaften ungeeignet.

Eine Ausweitung des im Hamburger Süden laufenden Modells auf alle mehr als 400 Hamburger Schulen „lehnen wir ab“, stellte Heyenn klar und zugleich eine 28-seitige Broschüre der Linkspartei über die Vor- und vor allem Nachteile „dieser besonders intelligenten Form der Privatisierung“ vor.

Seit Sommer 2007 modernisiert und bewirtschaftet die GWG Gewerbe, ein Tochterunternehmen der städtischen Wohnungsgesellschaft Saga/GWG, im Auftrag der Schulbehörde in Harburg, Wilhelmsburg und Finkenwerder 32 Schulen. Der Vertrag über diese öffentlich-öffentliche Partnerschaft (ÖÖP) läuft über 25 Jahre und umfasst 650 Millionen Euro. Bis 2012 sollen die Sanierungen abgeschlossen sein, die Bewirtschaftung, die auch die Beschäftigung der Hausmeister mit einschließt, läuft bis 2032. Dieses Modell ist laut Saga/GWG „in der Zukunft offen für weitere Schulen“.

Derzeit wird der Instandsetzungsstau an Hamburgs Schulen nach einer Berechnung der Bildungsbehörde auf mehr als drei Milliarden Euro veranschlagt. Das größte Problem sind die Nachkriegsbauten aus den 1950er Jahren, die häufig mit minderwertigen Materialien errichtet wurden. Aber auch viele Betonmonster der 1970er Jahre müssen dringend saniert werden. Hinzu kommen erhöhte bauliche Anforderungen aus Klimaschutzgründen.

„Es wird keine Schule und kein Schulgelände privatisiert“, hatte Bildungssenatorin Christa Goetsch (GAL) Mitte August in einem taz-Interview zugesagt. Es würden mehrere Modelle geprüft, auch eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit Saga/GWG. Diese hat den Vorteil, dass Kredite der Gesellschaft nicht im Hamburger Etat ausgewiesen werden – je nach Blickwinkel ist dies ein verstecktes Schuldenmachen oder kreative Haushaltspolitik.

Die Behebung dieses Sanierungsstaus müsse in kommunaler Eigenregie erfolgen, sagte der Finanzexperte der Linksfraktion, Joachim Bischoff. Der schwarz-grüne Senat wolle die Aufgabe jedoch einer neu zu gründenden Gesellschaft übertragen. Das komme die Stadt jedoch letztlich teurer zu stehen als wenn sie dafür Kredite aufnehmen würde, betonte Bischoff.

Auf Nachfragen räumte Bischoff ein, dass eine milliardenschwere Neuverschuldung den Hamburger Haushalt zusätzlich belasten würde. Dennoch sei diese Art der Finanzierung „weniger kostspielig als öffentlich-private Partnerschaften“ und zudem „transparenter und demokratischer“, befand auch Bernhard Müller vom Parteivorstand der Linken. „Die Bürgerschaft kann dann die Wirtschaftlichkeit konkret prüfen“, so Bischoff.

Auch liefen öffentliche Aufgaben, die über lange Zeiträume in private Unternehmensbereiche ausgelagert werden, auf eine Beschneidung von Mitwirkungsrechten wie der Personalräte und der Bürgerbeteiligung hinaus, kritisierten Heyenn und Bischoff.

Es werde „keine Privatisierung geben“, versicherte Schulbehördensprecher Armin Oertel auf taz-Anfrage. Zudem sei auch die jetzige Zusammenarbeit mit Saga/GWG keine Kooperation mit einem privaten Unternehmen, sondern mit einem städtischen.

Ob dieses Modell aber auf alle Hamburger Schulen ausgeweitet werde, sei noch nicht entschieden. Zur Zeit würden zwei mögliche Lösungen „geprüft und durchgerechnet“, so Oertel, mit einem Ergebnis sei „noch in diesem Jahr“ zu rechnen.