Bereitschaft ist Arbeit

Bundesarbeitsgericht fordert Anerkennung von Bereitschaftsdiensten der Klinikärzte als Arbeitszeit

KARLSRUHE taz ■ Ärztliche Bereitschaftsdienste gelten bald als Arbeitszeit. Dies erklärte gestern Abend das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. Zuvor muss allerdings der Bundestag noch das Arbeitszeitgesetz ändern.

Der Hinweis aus Erfurt kommt nicht unerwartet. Denn schon vor zweieinhalb Jahren hat der Europäische Gerichtshof in einem spanischen Fall entschieden: Bereitschaftsdienst gilt immer dann als volle Arbeitszeit, wenn die Ärzte dabei in der Klinik bleiben müssen. Die deutschen Krankenhäuser verwiesen jedoch auf das deutsche Arbeitszeitgesetz. Danach werden Bereitschaftsdienste nicht als Arbeitszeit gerechnet, wenn die Ärzte weniger als 50 Prozent der Bereitschaftszeit tatsächlich arbeiten.

An diesem Gesetz kam nun auch das Bundesarbeitsgericht nicht vorbei. Es stellte aber fest, dass das deutsche Gesetz der europäischen Arbeitszeit-Richtlinie widerspricht und geändert werden muss. Die Klagen von zwei Betriebsräten an DRK-Einrichtungen in Rottweil und Hamburg wurden daher gestern abgewiesen. Bis der Gesetzgeber aktiv geworden ist, haben die Kliniken also nochmals eine Atempause.

Es ist jedoch absehbar, dass Bereitschaftsdienste vor oder nach der normalen Arbeitszeit künftig nicht mehr zulässig sein werden. Wie lange sich der Gesetzgeber mit einer Neuregelung Zeit lassen wird, ist noch nicht abzusehen. Die Kosten für die Neueinstellung tausender Ärzte werden die Krankenkassenbeiträge vermutlich um 0,2 Prozent steigen lassen, schätzt die Deutsche Krankenhausgesellschaft.

CHRISTIAN RATH