Zinssteuer bringt viel weniger Einnahmen

Nur rund 5 Milliarden Euro statt der erwarteten 25 Milliarden. Rot-Grün beschließt abgespecktes Steuerpaket

BERLIN taz ■ Gegenüber ursprünglichen Schätzungen hat die Bundesregierung ihre Einnahmeerwartung für die neue Zinssteuer stark reduziert. Während Bundeskanzler Gerhard Schröder vor geraumer Zeit noch von bis zu „100 Milliarden Euro“ Fluchtkapital gesprochen hatte, die aus dem Ausland zurückgebracht würden, ist jetzt nur noch von 20 Milliarden die Rede. Das Bundeskabinett verabschiedete gestern das Konzept der Zinsabgeltungssteuer, die ab Mitte 2003 gelten soll.

Wer Geld am deutschen Finanzamt vorbei im Ausland angelegt hat und es bis Ende 2003 deklariert, muss 25 Prozent Steuer auf die gesamte Summe zahlen. Für das folgende halbe Jahr bis Mitte 2004 gilt ein Steuersatz von 35 Prozent. Danach kann man illegales Geld aus Steuerhinterziehung nicht mehr legalisieren. Eine Frage ist nun, welche Beträge deutsche Anleger bislang ins Ausland geschafft haben. Private Banken gehen davon aus, dass bis zu 550 Milliarden Euro alleine in Liechtenstein, der Schweiz und Luxemburg liegen. Die Bundesregierung stützt sich nun jedoch auf eine Schätzung der Bundesbank, die nur von rund 150 Milliarden Euro insgesamt weiß. Wenn 20 Milliarden davon zurückkommen, würde daraus eine zusätzliche Steuereinnahme von rund 5 Milliarde Euro fließen, rund 2 Milliarden davon für den Bund. Unter dem Strich führt die Neuregelung möglicherweise zu größeren Steuerausfällen. Denn der niedrige Steuersatz von 25 Prozent soll für alle Zinseinkünfte gelten.

Im Finanzausschuss des Bundestages beschloss Rot-Grün gestern außerdem das Gesetz zum Abbau von Steuersubventionen. Bevor die Union es im Bundesrat vermutlich komplett ablehnen wird, haben die Regierungsfraktionen selbst schon von einigen Plänen Abstand genommen. So wird der Mehrwertsteuersatz für landwirtschaftliche Produkte nicht auf die volle Höhe von 16 Prozent heraufgesetzt, sondern bleibt bei 9 Prozent. Werbegeschenke bleiben entgegen der ursprünglichen Planung voll abzugsfähig, und kleine Unternehmen dürfen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro ihre Gewinne voll durch etwaige Verluste neutralisieren. Die Lockerung des Bankgeheimnisses ist nach wie vor Bestandteil des Paketes. Allerdings prüft das Finanzministerium, was man stattdessen tun kann, wenn die Union die so genannten Kontrollmitteilungen ablehnt.

Ein Gegenmodell hat gestern der CDU-Wirtschaftsrat vorgelegt. Es besteht u. a. daraus, den Spitzensteuersatz bis 2006 auf 29 Prozent zu senken. Die entstehende Haushaltslücke soll durch Einsparungen von bis zu 32 Milliarden Euro nicht zuletzt im Sozialbereich geschlossen werden.

HANNES KOCH