Eine Hinrichtung, aber kein Mord

„Bunkermord“-Prozess: Angeklagte erneut wegen Totschlags verurteilt. Sie hätten sich „nicht verweigern“ können

taz ■ Totschlag statt Mord – das Bremer Landgericht hat erneut im Zweifel für die Angeklagten entschieden. Und das heißt: 13 Jahre Haft für zwei, 15 Jahre für einen der Angeklagten im neu aufgerollten „Bunkermord-Prozess“. Der Bundesgerichtshof hatte das erste Urteil aufgehoben, da eine Verurteilung wegen Mordes unterblieben war. Aber auch diesmal konnte sich die Staatsanwaltschaft nicht mit ihrer Forderung nach lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes durchsetzen.

Denn aus Angst um ihr eigenes Leben hätten die drei angeklagten Kurden sich nicht den Befehlen der PKK verweigern können, urteilte die Kammer. „Es ist nicht auszuschließen, dass die Anklagten eine Bedrohung ihres Lebens befürchtet haben“, so Richter Eduard Scotland. Nach der Verhaftung des PKK-Führers Öcalan sei im Sommer 1999 in der kurdischen Arbeiterpartei nichts mehr wie früher gewesen. Hardliner hätten versucht, sich durchzusetzen. Dass die Angeklagten nicht die Zivilcourage hatten, sich den Befehlen der PKK-Funktionäre zu widersetzen, sei kein niedriger Beweggrund. Mord könne man ihnen also nicht unterstellen.

Das Landgericht blieb also im Wesentlichen bei seinem früheren Urteil: Totschlag, kein Mord. Gegen einen Angeklagten verringerte sich das Strafmaß sogar um zwei Jahre.

„Star-Anwalt“ Rolf Bossi kündigte an, „wegen schlimmer Widersprüche des Gerichts auf jeden Fall in Revision zu gehen“. Sein Mandant war zu 15 Jahren verurteilt worden, Bossi hatte auf neuneinhalb plädiert. Auch die Staatsanwaltschaft überlegt, ob sie Revision einlegt. Sie fordert nach wie vor lebenslange Freiheitsstrafen. Aber auch wenn das Gericht keinen Mord erkennen konnte, stellte es klar: Die Tötung von Sherif Alpsozman und Aishe Dizim im August 1999 war faktisch eine Hinrichtung – eine Hinrichtung an einem Schwerbehinderten und seiner jungen Frau. Das grausame Verbrechen dürfe durch das Urteil keinesfalls entschuldigt werden.

Es wäre „ungeheuer schwer und fast anmaßend gewesen, die Beweggründe der Kurden strafrechtlich zu beurteilen“, erklärte der Richter. Für Deutsche sei es unvorstellbar, was Jesiden und Kurden in ihrer Vergangenheit widerfahren sei. bow